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Wird Berlin zur Zero-Waste-Stadt?

QIEZ – In Großstädten wie Berlin gewinnt es mehr und mehr an Wichtigkeit, auf den Konsum und den ökologischen Abdruck zu achten. Das Thema Zero Waste wird immer präsenter in den Köpfen der Menschen, der Politik und in den Geschäften. Was es damit genau auf sich hat und was du selbst im Kleinen tun kannst, das liest du hier.

Gerade bei Freunden der Nachhaltigkeit ist das Thema Zero Waste (zu deutsch: kein Müll) aktuell in aller Munde. Dabei handelt es sich um eine gewisse Philosophie oder einen Lebensstil mit dem einhergeht, möglichst wenig oder bestenfalls gar keinen Müll zu produzieren. Das bedeutet: unnötige Verpackungen vermeiden, Gebrauchtes recyclen, wiederverwendbare Produkte benutzen, und so weiter und so fort.

Wenn man von Zero Waste hört, dann geht es meistens darum, was man als Einzelner im alltäglichen Leben ändern oder besser machen kann, um sich möglichst ressourcenschonend zu verhalten. Doch was im Kleinen funktioniert, soll nun auch im größeren Rahmen klappen. Und zwar innerhalb einer ganzen Stadt: Berlin soll zur Zero-Waste-Stadt werden.

Wird Berlin Zu Zero-Waste-Stadt Einkaufsbeutel // Himbeer
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Das jedenfalls wünschen sich die Berliner Bündnisgrünen mit ihrem Landesvorsitzenden Werner Graf, der erklärt: Wir wollen weg von der Müllhauptstadt Berlin und hin zur Zero-Waste-Stadt. Und in der Tat sind sie diesem Wunsch schon einen Schritt nähergekommen, denn durch ihre Initiative wurde vergangenes Jahr das Leitbild Zero Waste im Abgeordnetenhaus einstimmig beschlossen.

Berlin ohne Müll?

Nun ist es nicht verwunderlich, wenn sich der eine oder andere an dieser Stelle denkt: Zero Waste in Berlin? Unmöglich! Hier liegt doch an jeder Ecke irgendwo Müll rum ... Und in der Tat müssen wir uns eingestehen: Sehr sauber ist unsere Hauptstadt wahrlich nicht überall. Zigarettenstummel, leere Flaschen und anderer Abfall ziert unsere Straßenzüge und Parks. Der Dreck hier und da hat fast schon einen gewissen Charme in Berlin und ist für manch einen quasi fester Bestandteil des typischen Stadtbildes.

Wird Berlin Zu Zero-Waste-Stadt Füllbehälter // Himbeer
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Dreckiger Charme hin oder her – das Müllproblem in der Hauptstadt ist einfach zu viel des Guten: Pro Stunde werden allein hier 30.000 Plastiktüten und 20.000 Einwegbecher verbraucht. Der Restmüll der Hauptstadt summiert sich im gesamten Jahr auf bis zu 800.000 Tonnen. „Für uns ist es ein zentrales Anliegen […] das Müllaufkommen drastisch zu senken, den vorhandenen Müll besser und ökologischer wiederzuverwerten und flächendeckend eine entgeltfreie Bioabfalltonne einzuführen“, erklärte der Landesvorsitzende der Grünen.

Auf der anderen Seite kann man aber auch behaupten, dass in Berlin, wie in keiner anderen Stadt hierzulande, ein stetig steigendes ökologisches Bewusstsein entsteht und nachhaltige Projekte und Initiativen immer stärker in den Fokus der Aufmerksamkeit rücken. Second Hand Länden und Flohmärkte, um Gebrauchtes zu kaufen oder zu verkaufen sind immer gut besucht, Läden für (fast) abgelaufene Lebensmittel oder Produkte mit Produktionsfehlern schießen aus dem Boden und Foodsharing ist beliebter denn je.

Das Berliner Abgeordnetenhaus verlangt: weniger Müll!

Mit ihrem Beschluss vom letzten Jahr gibt das Berliner Abgeordnetenhaus nun auch auf politischer Ebene die Richtung zur Müllvermeidung vor. Darin fordern sie den Senat auf: „eine Strategie für die Transformation der Berliner Abfallwirtschaft zu einer modernen Kreislaufwirtschaft zu erarbeiten und sich dabei am Leitbild Zero Waste zu orientieren“.

Im Rahmen dieser Strategie soll nur noch ein Bruchteil an Müll verbrannt werden. Restmüll soll reduziert werden und auch die Berliner Stadtreinigung BSR und bestehende Sozial- und Gebrauchtwarenhäuser sollen eingebunden werden, um noch funktionsfähige Möbel und Haushaltswaren aufzuarbeiten und sie vor der Tonne zu bewahren.

Wird Berlin Zu Zero-Waste-Stadt Nachhaltig Einkaufen // Himbeer
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Statt weggeworfen soll recycelt, wiederverwertet, vermieden und geteilt werden. Bereits 2017 wurden diverse Zero-Waste-Initiativen wie Repair Cafés oder Foodsharing mit insgesamt einer Million Euro von der Stadt gefördert. Die Stärkung solcher Projekte soll auch in den kommenden Jahren fortlaufen.

Berlin ist aktiv

In Berlin ist die bereits genannte Stadtreinigung BSR ein wichtiger Part der Nachhaltigkeits-Bewegung. Mit ihrer Initiative Better World Cup haben sie, neben anderen Akteuren, in der Hauptstadt die Verwendung von Mehrwegbechern für Kaffee und Tee to go populär gemacht.

Und auch für Clean Ups, also gemeinsames Aufräumen und Müllsammeln im Kiez, im Park, am Fluss oder auf dem Spielplatz setzt sich die BSR ein und hat die Initiative Kehrenbürger ins Leben gerufen hat. Auf der dazugehörigen Website kann man Aufräum-Aktionen anmelden, Mitstreiter finden und sich mit allen dafür nötigen Utensilien von der BSR ausrüsten lassen.

Aber auch kleinere Organisatoren leisten ihren Teil. Dank ReFill kann man seine leere Wasserflasche mittlerweile in vielen Cafés und Restaurants in der ganzen Hauptstadt kostenlos auffüllen lassen und muss sich somit auch unterwegs keine neuen Flaschen kaufen. In diversen Repair Cafés lässt man kaputte oder alte Gegenstände von Fahrrad bis Wintermantel mit der nötigen Hilfe reparieren oder upcyceln und innerhalb der Foodsharing Initiative werden Lebensmittel vor der Tonne gerettet.

Was genau kann ich tun?

Gerade wer mit dem Thema Zero Waste noch nicht allzu vertraut ist, fragt sich vielleicht, was er oder sie eigentlich konkret tun kann. Und die Antwort darauf ist so einfach wie vielfältig. Gerade im Alltag kann man mit nur wenigen Handgriffen Müll vermeiden: in verpackungsfreien Supermärkten, von denen es in Berlin mittlerweile einige gibt, einkaufen; Gebrauchtes weitergeben oder upcyceln statt es wegzuwerfen; beim Trinken Mehrwegbecher und Glasflaschen benutzen; eine eigene Tragetasche zum Einkauf mitnehmen oder einfach nur den Plastikstrohhalm beim Cocktail weglassen.

Wird Berlin Zur Zero-Waste-Stadt Flaschen // Himbeer
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Vermeiden, weiterverwenden, aufbereiten – schon mit dem kleinsten Handgriff, kann jeder einen Beitrag leisten. Und wer mehr machen möchte, kann sich bei einer der vielen Initiativen, die es in Berlin gibt, engagieren. Fleißige Hände, die bei Clean Ups anpacken oder Lebensmittel retten werden immer gebraucht.

Dass unsere Hauptstadt eines Tages wirklich komplett müllfrei wird, klingt für uns eher noch nach einer Utopie. Wir drücken aber feste die Daumen, dass unser eingeschlagener Weg so weitergeht – und wir oder zumindest unsere Kinder Berlin eines Tages tatsächlich Zero-Waste-Stadt nennen dürfen.

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