© Silke Weinsheimer

Gut gekaut und nachgefragt

Woher kommt unser Essen? Wachsen Kartoffeln am Strauch? Macht Milch mĂŒde oder munter? Können wir eine Bananenstaude im Hof pflanzen? Wenn Kinder Fragen zum Essen stellen, bietet sich eine tolle Chance, gemeinsam auf Entdeckungsreise zu gehen.

Denn auch Erwachsene sehen sich tĂ€glich neuen Herausforderungen gegenĂŒber, wenn es heißt, sich gesund zu ernĂ€hren, möglichst nachhaltig und ressourcenschonend einzukaufen und lecker zu kochen. Habt ihr etwa beim Kaffeetrinken schon mal darĂŒber nachgedacht, ob die Milch gebende Kuh ihre Hörner behalten durfte? Ihr Kalb, fĂŒr das allein sie dieses nĂ€hrstoffreiche Superfood ursprĂŒnglich produziert, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr an ihrer Seite.

Woher kommt unser Essen?

Falls ihr vegane Drinks bevorzugt: Was hat es mit samenfesten Getreidearten auf sich im Vergleich zu Hybridsorten? Und was muss sich Ă€ndern, um trotz voranschreitender Klimakrise bezahlbare Nahrung fĂŒr alle zu ermöglichen? Welche Antworten haben die verschiedenen Landwirtschaftsmodelle von konventionell, regional, artgerecht ĂŒber klimabewusst bis bio-organisch und bio-dynamisch zu bieten?

Wir haben uns mit sechs neugierigen Kindern auf den Weg ins Ökodorf Brodowin gemacht, um im Stall, auf Weiden und Feldern Aha-Momente zu sammeln.

Auf Dem Ökohof Brodowin // Himbeer
© Silke Weinsheimer

Stadtkinder und -jugendliche nehmen landwirtschaftliche Lebensmittel oft nur als bereitgestellte „Fertigprodukte“ im Laden wahr. Vielen fehlt eine realistische Vorstellung davon, woher diese RĂŒben, Salate, Kohlsorten und Milchprodukte tatsĂ€chlich stammen und wie sie erzeugt werden.

Der Hof Brodowin produziert nach hohem Demeter-Standard und ist als anerkannter Demonstrationsbetrieb Teil einer vom Bundeslandwirtschaftsministerium geförderten Initiative, die allen Interessierten ungeschminkt zeigt, wie weit gefÀchert der ökologische Landbau aufgestellt ist und wie er in der Praxis funktioniert.

„Wie groß die KĂŒhe sind! Gefleckte Riesen mit sanften Augen.“ (Florentine, 8 Jahre)

Das zukunftsweisende Unternehmen versteht es als pĂ€dagogische Aufgabe, seine TĂŒren und Tore mit einem jĂ€hrlich stattfindenden Hoffest, individuellen FĂŒhrungen und einem gut sortierten Hofladen fĂŒr alle zu öffnen. Konkret bewirtschaftet Brodowin rund 1.600 Hektar FlĂ€che in tĂ€glich harter Arbeit mit ĂŒber 170 fest angestellten Mitarbeiter:innen, rund 50 Prozent davon sind Frauen.

MilchkĂŒhe Auf Den Ökohof Brodowin // Himbeer
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Etwa 220 schwarz-bunte Milchrinder und ein riesiger Bulle leben im Ökodorf neben 200 bezaubernden Milchziegen und 1.600 Legehennen plus den dazugehörigen BruderhĂ€hnen. Mit romantischen Bilderbuchvorstellungen hatte dies allerdings weniger zu tun als wir dachten.

Deutschland, wie es isst

Der Nahrungsmittelproduktion auf den Grund zu gehen, lohnt sich, denn schließlich ist uns eine gesunde und nachhaltige ErnĂ€hrung eine Menge wert. Das jedenfalls spiegelt der ErnĂ€hrungsreport „Deutschland, wie es isst“ wider, der seit 2016 jĂ€hrlich auf Basis einer reprĂ€sentativen Befragung des Meinungsforschungsinstituts Forsa unter rund 1.000 BundesbĂŒrger:innen ab vierzehn Jahren zu ihren Ess- und Einkaufsgewohnheiten veröffentlicht wird.

Gut Gekaut Und Nachgefragt // Himbeer
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Gut schmecken muss es 99 Prozent, dies ist seit Beginn der Befragung unverĂ€ndert wichtig. Der regelmĂ€ĂŸige Konsum von GemĂŒse und Obst ist im Vergleich zum Vorjahr gestiegen, auch die Vorliebe fĂŒr Milchprodukte ist unverĂ€ndert hoch, 64 Prozent essen tĂ€glich Joghurt, KĂ€se und Co.*Âč

Der Verzehr von Fleisch und Wurst nimmt etwas ab: 26 Prozent der Befragten essen diese tĂ€glich oder mehrmals tĂ€glich. Alternativen zu tierischen Produkten nehmen acht Prozent der Befragten nach eigenen Angaben mindestens einmal am Tag zu sich. Der Anteil der Vegetarier:innen und Veganer:innen hat bundesweit zugenommen – auf jetzt zehn bzw. zwei Prozent.

„Ich will keine Tiere essen und bin Vegetarierin – nur fĂŒr Schnitzel mache ich manchmal eine Ausnahme.“ (Elizabeth, 9 Jahre)

Die RegionalitÀt der Produkte ist bei der Auswahl der Lebensmittel mit 82 Prozent unverÀndert wichtig. Auch die Nachfrage nach einem staatlichen Tierwohlkennzeichen wÀchst. 86 Prozent der Befragten ist es wichtig oder sehr wichtig, dass ein solches staatliches Siegel kommt. Fast Dreiviertel der Befragten erwarten von der Landwirtschaft eine artgerechte Tierhaltung, vor allem die zwischen 14- und 29-JÀhrigen.

Doch was sagen Umfragen wirklich aus? Schließlich wollen wir alle gerne von uns behaupten, kritische Konsument:innen zu sein und großen Wert auf die Wahl unserer Nahrung zu legen.

Was bedeuten Bio und Demeter?

Die Unterschiede zwischen der ökologischen und der konventionellen Landwirtschaft scheinen offensichtlich. Doch ist das eine besser als das andere? Im Koalitionsvertrag sind ambitionierte 30 Prozent ÖkoflĂ€chen bis 2030 als Ziel verankert. FĂŒr viele, gerade kleinere Betriebe bleibt es vor allem eine Kostenfrage, ob konventionell oder ökologisch gewirtschaftet werden kann.

FĂŒr die ökologische Landwirtschaft gelten deutlich strengere Regeln und Gesetze, deren Umsetzung meist mit höheren Produktionskosten verbunden ist, denn dieser Landbau ist eine besonders ressourcenschonende und umweltvertrĂ€gliche Wirtschaftsform, die sich am Prinzip der Nachhaltigkeit orientiert.

Nitrat-, Ammonium- und HarnstoffdĂŒnger sowie leicht lösliche PhosphordĂŒnger sind im Ökoanbau verboten, wĂ€hrend sie im konventionellen Betrieb regelmĂ€ĂŸig eingesetzt werden, auch chemisch-synthetischer Pflanzenschutz kommt dort zum Einsatz. So werden die EU-Nitrat-Grenzwerte in Deutschland laut Nitratbericht des Bundesministeriums fĂŒr Umwelt regelmĂ€ĂŸig ĂŒberschritten, vor allem in Gebieten intensiver Bewirtschaftung.

Was Bedeutet Ökologische Landwirtschaft Und Demeter // Himbeer
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Die ökologische Landwirtschaft hat dadurch einige Probleme und Herausforderungen zu meistern, die in der konventionellen Landwirtschaft nicht auftreten. Das sind zum Beispiel Krankheiten und SchĂ€dlinge, die Tieren wie Pflanzen zusetzen und im Biolandbau nicht mit chemischen oder synthetischen Mitteln bekĂ€mpft werden dĂŒrfen. Der Ertrag fĂ€llt dementsprechend geringer aus.

Tiere von konventionellen Höfen stehen meist ganzjĂ€hrig im Stall, es gibt keinen vorgeschriebenen Auslauf, genverĂ€ndertes Futter und vorbeugende Medikamente sind erlaubt. Dagegen sind Biolandwirt:innen bei ihrer Tierhaltung an einen flĂ€chengebundenen Tierbesatz und AuslaufflĂ€chen gebunden. GefĂŒttert wird mindestens 95 Prozent Biofutter, Gentechnik ist verboten.

„Vanilleeis aus Bio-Ziegenmilch schmeckt lecker cremig nach Blumen und Stall.“ (Zooe, 9 Jahre)

Ein direkter Platzvergleich zeigt: Dem Mastschwein aus ökologischer Haltung stehen mindestens 1,3 Quadratmeter im Stall und ein Quadratmeter im Freien zu. Ein Mastschwein aus konventioneller Haltung hat dagegen nur 0,75 Quadratmeter Platz im Stall, Auslauf im Freien ist nicht vorgeschrieben.

Laut EU-Ökoverordnung gelten noch weitere Regeln: Eingriffe wie das Anbringen von Gummiringen an den SchwĂ€nzen von Schafen, das Kupieren von SchwĂ€nzen, das Abkneifen von ZĂ€hnen, das Stutzen von SchnĂ€beln und die Enthornung dĂŒrfen in der ökologischen Tierhaltung nicht routinemĂ€ĂŸig durchgefĂŒhrt werden. Mit spezieller Genehmigung sind diese Eingriffe aber auch auf Biohöfen möglich.

Die Haltung von HĂŒhnern in Legebatterien ist in Deutschland seit 2010 untersagt. Insgesamt sind die Mindeststandards fĂŒr die konventionelle Tierhaltung aber deutlich schwĂ€cher.

Ziegen Auf Dem Ökohof Brodowin // Himbeer
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Im ökologischen Landbau begĂŒnstigt Humuswirtschaft und organischer DĂŒngung die Bodenfruchtbarkeit und damit natĂŒrliche Prozesse, die gesunde Kulturpflanzen gedeihen lassen. StoffkreislĂ€ufe sind im landwirtschaftlichen Bio-Betrieb dabei möglichst geschlossen. Ihren Erzeugnissen dĂŒrfen vor dem Verkauf als Bio-Lebensmittel keine GeschmacksverstĂ€rker, kĂŒnstliche Aromen, Farb- oder Konservierungsstoffe zugefĂŒgt werden.

Samenfeste Demeter-QualitÀt

Der biologisch-dynamische Demeter-Landbau, der auch in Brodowin praktiziert wird, geht noch weit ĂŒber die EU-Richtlinien hinaus. Das Ideal der biodynamischen Wirtschaftsweise ist die Kreislaufwirtschaft. Es werden genau so viele Tiere gehalten, wie das eigene Land ernĂ€hren kann. Deren Mist wiederum dĂŒngt den Boden und erhöht die Fruchtbarkeit.

Demeter Landwirtschaft Auf Dem Ökohof Brodowin // Himbeer
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Der Hof wird zu einem einzigartigen Organismus, in dem jedes Organ das andere braucht: Mensch, Pflanze, Tier und Boden wirken zusammen. ZusĂ€tzlich werden die Naturprozesse durch biodynamische PrĂ€parate wie KrĂ€uter und HorndĂŒnger nach anthroposophischer Lehre geordnet und harmonisiert.

Besonders maßgebend fĂŒr die Demeter Landwirtschaft ist die ausschließliche Verwendung von samenfesten Getreidesorten. Diese Pflanzensamen werden geerntet und bei der nĂ€chsten Aussaat erzielen sie in der Regel den gleichen Ertrag aufs Neue. Dagegen sind Hybridsorten Pflanzensorten, die durch die Kreuzung von jeweils definierten Inzuchtlinien zustande kommen.

Vermeintlicher Vorteil der Hybriden ist ein breites Repertoire an unterschiedlichen genetischen Informationen. Ein großer Nachteil fĂŒr die Landwirtschaft ist die Tatsache, dass Hybridsaatgut nicht selbst weitervermehrt werden kann und jedes Jahr aufs Neue von Großkonzernen zugekauft werden muss. Durch Patente geraten BĂ€uer:innen in eine wirtschaftliche AbhĂ€ngigkeit von Monopolisten.

Milch ist nicht gleich Milch

Damit eine Kuh kontinuierlich Milch gibt, muss sie jĂ€hrlich ein Kalb gebĂ€ren. Nach neun Monaten TrĂ€chtigkeit kommt dieses zur Welt und wird in der Regel noch am selben Tag von der Mutter getrennt. Das Kalb wird in den ersten Wochen in einer Einzelhaltung vom Menschen ernĂ€hrt und versorgt, wĂ€hrend die Kuh fĂŒr den menschlichen Konsum gemolken wird. Doch einige Landwirt:innen in Deutschland, Österreich und der Schweiz stellen sich gegen die gĂ€ngige Praxis der Mutter-Kalb-Trennung, ein eigenes Siegel macht neuerdings darauf aufmerksam.

Milch Ist Nicht Gleich Milch // Himbeer
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„Zum FrĂŒhstĂŒck mag ich Kakao mit Kuhmilch am liebsten, aber die gehört ja eigentlich den KĂ€lbchen.“ (Enno, 6 Jahre)

Auf die schmerzhafte Enthornung der KĂŒhe aus PlatzgrĂŒnden wird in Brodowin wie auf allen Demeter-Höfen komplett verzichtet, eine Trennung von Kalb und Mutterkuh findet aber auch hier nach wenigen Tagen statt, um mögliche Infektionen zu vermeiden. Wir waren ziemlich erstaunt, drei Tage alte KĂ€lber allein in sogenannten Iglu-StĂ€llen vorzufinden, den sie sich nach einer gewissen Zeit, in der sich das Immunsystem aufgebaut hat, mit Artgenossen teilen. Denn je lĂ€nger das Kalb am Euter der Mutterkuh hĂ€ngt, desto weniger Milch bleibt fĂŒr den Verkauf.

KĂŒhe Auf Dem Biohof Brodowin In Brandenburg // Himbeer
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NatĂŒrlich gibt es Alternativen wie eine mutter- oder ammengebundene Aufzucht, die einige Milchviehhöfe bereits praktizieren. Wenn langfristig unsere Nachfrage danach steigt und sich ein entsprechender Markt herausbildet, werden andere folgen. Unser tĂ€gliches Kaufverhalten im Kleinen hat in der Summe große Kraft fĂŒr VerĂ€nderung. Wenn wir also auch nur ab und zu eine MilchtĂŒte oder -flasche mit besonderem Siegel kaufen, spiegelt sich das trotzdem in den Zahlen wider.

Auch Brodowin zeigt sich offen fĂŒr VerĂ€nderungen in diese Richtung. Wir waren jedenfalls ziemlich erleichtert, als wir spĂ€ter viele kleine Zicklein zusammen mit ihren MĂŒttern in ihrem luftigen Stall mit Auslauf erleben durften.

Warum billiges Essen der Erde schadet

Gerade im urbanen Umfeld trĂŒgt unsere Wahrnehmung von einem grĂŒnen Wandel in der Nahrungsmittelbranche. Umfragen zeigen immer wieder, dass Verbraucher:innen großen Wert auf ökologisch erzeugte Produkte legen, allerdings stimmen die Erhebungen in der Regel nicht mit der RealitĂ€t ĂŒberein.

Laut foodwatch machten Bio-Produkte 2019 lediglich 6,4 Prozent des gesamten Lebensmittelumsatzes in Deutschland aus. In Europa liegt Luxemburg mit 18 Prozent Umsatzanteil vorn, gefolgt von Frankreich mit 13 Prozent. 2020 lag der Bio-Umsatz in Deutschland bei 14,99 Milliarden Euro – das ist eine Steigerung um immerhin 22 Prozent gegenĂŒber dem Vorjahr. Den grĂ¶ĂŸten Umsatz erzielen also nach wie vor Produkte aus konventioneller Landwirtschaft, was vor allem an den deutlich niedrigeren Preisen liegen dĂŒrfte.

Klimawandel, Fettleibigkeit, Kinderarbeit, Plastikverschmutzung und so weiter – all das sind Probleme und Kosten, die wir beim Lebensmitteleinkauf nicht berĂŒcksichtigen. Wie können diese versteckten Kosten so integriert werden, dass wir fĂŒr unser Essen auch den wirklichen Preis zahlen und damit die tatsĂ€chlichen Kosten unserer Lebensmittel voll abdecken?

FĂŒhrung Auf Dem Ökohof Brodowin In Brandenburg // Himbeer
© Silke Weinsheimer

Der Ladenpreis konventioneller Milcherzeugnisse mĂŒsste etwa 30 Prozent teurer sein, der von biologischen vergleichsweise nur etwa zehn Prozent. Denn nicht einberechnet im aktuellen Preis sind der Ausstoß von Treibhausemissionen, der Energieverbrauch und der Einsatz von StickstoffdĂŒnger.

Im Vergleich konventioneller mit ökologischen Produktionspraktiken fĂŒhren vor allem der Verzicht auf mineralischen StickstoffdĂŒnger beim Pflanzenanbau sowie ein geringerer Einsatz von industriell produziertem Kraftfutter bei der Nutztierhaltung in allen untersuchten Lebensmittelkategorien zu einer niedrigeren Gewinnspanne und PreisaufschlĂ€gen fĂŒr ökologische Produkte.

„Der riesige Bulle hat bestimmt SuperkrĂ€fte, auch ohne Hörner.“ (Luan, 7 Jahre)

Den wahren Kosten von Lebensmitteln geht Dr. Tobias Gaugler am Institut fĂŒr Materials Resource Management der UniversitĂ€t Augsburg in seinen Forschungen nach. „FĂŒr viele negative Klima-, Umwelt- und Gesundheitsfolgen, die sich aus der Produktion von Lebensmitteln ergeben, kommen aktuell weder die Landwirtschaft noch die Konsumierenden auf. Die hiermit verbundene Preis- und Marktverzerrung stellt – ökonomisch gesprochen – eine Form von Marktversagen dar, der es mit wirtschaftspolitischen Maßnahmen zu begegnen gilt.

Ausgehend von unseren Ergebnissen und dem ‚polluter pays principle‘ der UN folgend mĂŒssten insbesondere Produkte aus konventioneller Nutztierhaltung deutlich mehr kosten, als dies aktuell in Deutschland der Fall ist.“ Weitere gravierende Folgen wie die gesellschaftlich-sozialen Auswirkungen von Antibiotikaresistenzen oder die ökologischen Folgen des Einsatzes von Pestiziden wurden in den Berechnungen nicht berĂŒcksichtigt.ÂČ

Bio-Siegel weisen den Weg

Beim Einkaufen fĂ€llt es immer wieder auf: Das Wort „Bio“ prangt in unterschiedlichen Schriftarten und Formen auf Verpackungen. Dabei handelt es sich meist nicht um ein Bio-Siegel, sondern um ein Logo oder einen Produktnamen. Die gute Nachricht: Begriffe wie „Öko“, „ökologisch“, „Bio“, „biologisch“ und „aus kontrolliert ökologischem Anbau“ sind durch die EG-Öko-Verordnung geschĂŒtzt und dĂŒrfen nur verwendet werden, wenn das Produkt nach ökologischen Richtlinien produziert und verarbeitet wurde.

Verbraucher:innen können sich darauf verlassen, dass drin ist, was draufsteht. ZusÀtzlich findet sich auf der Verpackung aber noch mindestens ein offizielles Bio-Siegel.

Das europaweit einheitliche EU-Bio-Logo in Form eines aus Sternchen geschwungenen Blattes erleichtert es, Bio-Produkte auf den ersten Blick zu erkennen, denn das Zeichen muss seit 2010 auf jedem verpackten Bio-Lebensmittel stehen. Alle weiteren relevanten Siegel haben wir online fĂŒr euch beschrieben und zusammengefasst, darunter auch das neue Siegel fĂŒr die kuhgebundene KĂ€lberaufzucht.

Wie ist eine gesunde und nachhaltige ErnÀhrung möglich?

Kommt darauf an, was euch wichtig ist, denn wir haben die Wahl. Mit unserem Konsumverhalten können wir viel bewirken und der Politik einen Schritt voraus sein. Schon kleine Neuausrichtungen bringen viel, etwa der Lebensmittelverschwendung im eigenen KĂŒhlschrank Einhalt gebieten.

FĂŒhrung Auf Dem Ökohof Brodowin In Berlin // Himbeer
© Silke Weinsberger

Der nĂ€chste Wochen- oder Ökomarkt in der NĂ€he ist immer ein guter Ort fĂŒr nachhaltigeren Konsum. Sicher scheint, dass etwa Demeter-Produkte, Bioland-Erzeugnisse oder die auf dem regionalen Ökomarkt angebotenen Produkte höhere Standards aufweisen als die preisgĂŒnstigeren Alternativen aus dem Discounter.

Wer Bodenfruchtbarkeit und BiodiversitĂ€t schĂŒtzen möchte, sollte mit seinem Einkauf ökologische Anbausysteme unterstĂŒtzen. Auf MineraldĂŒnger und synthetische Pflanzenschutzmittel wird hier verzichten und durch Fruchtwechsel Vielfalt auf die Felder gebracht.

Unter Klimaschutzaspekten ist Bio aber nicht per se besser. Die direkten Emissionen des Ökolandbaus sind zwar geringer, doch eine konventionell angebaute Tomate, die im Folientunnel wĂ€chst, ist hinsichtlich Energie- und Ressourcenverbrauch im Zweifel vorteilhafter als eine Biotomate, die aus Spanien importiert wird.

Demeter-Landwirtschaft Auf Hof Brodowin // Himbeer
© Silke Weinsheimer

In der ökologischen Haltung von Tieren gelten deutlich strengere Standards als in der konventionellen Landwirtschaft. Das garantiert aber nicht zwangslÀufig, dass es den Tieren gut geht. Denn neben mehr Platz und Auslauf ist auch der Umgang mit den Tieren entscheidend.

Expert:innen streiten außerdem, ob die Ökostandards ĂŒberhaupt ausreichen, um wirklich artgerechte Tierhaltung zu gewĂ€hrleisten. Eindeutig höhere NĂ€hrwert-, Protein- und Vitamingehalte konnten Bioprodukte bislang nicht liefern.

Wer sich gesundheitsbewusst ernĂ€hren möchte, sollte deshalb insgesamt mehr Obst und GemĂŒse mit kurzen Lieferwegen kaufen. Mangos aus Indien oder Avocados aus Mexico gehören zum Vollsortiment eines jeden Supermarktes. TatsĂ€chlich sind sie aber wahre Ressourcenfresser und damit nicht als regelmĂ€ĂŸige Lieblingsspeise zu empfehlen. Weniger Fleischkonsum und ein den Jahreszeiten entsprechender, regionaler Einkauf wirkt sich auf jeden Fall positiv auf die Klimabilanz aus.

Demeter Landwirtschaft Auf Dem Ökohof Brodowin // Himbeer
© Silke Weinsheimer

Achtet neben den wichtigsten Siegeln vor allem auf eure Sinne und gebt krummen Karotten, fleckigen Äpfeln und alten Sorten eine Chance.

Pastinake, Mangold, Topinambur, Erdbeerspinat oder MairĂŒbe – historische Obst- und GemĂŒsesorten werden zum GlĂŒck immer beliebter, bei Spitzenköch:innen als auch Gartenfreund:innen. Sie sind einfach anzubauen, lassen sich problemlos vermehren und enthalten viele NĂ€hrstoffe. Wer einmal eine GoldparmĂ€ne, einen Rosenapfel oder einen aromatischen Berlepsch probiert hat, möchte sie nicht mehr missen.

„Ziegen sind ganz schön neugierig, mein T-Shirt haben sie auch schon probiert.“ (Mila, 9 Jahre)

Es geht darum, den Wert unserer Lebensmittel zu erkennen, neu schĂ€tzen zu lernen und fĂŒr unsere Kinder erfahrbar zu machen. FĂŒhrungen werden auch von Molkereien, MĂŒhlen oder BĂ€ckereien angeboten, viele Fachleute freuen sich, ihr Wissen weitergeben zu können.

Oder wie wĂ€re es mal mit Urlaub auf dem Bauernhof? Auch Bio-Kisten können innerhalb der Familie ausgesucht und individuell zusammengestellt werden. Wer Lust hat, besucht die „eigenen“ Landwirt:innen dann mal auf ihren Feldern und Höfen. Denn kaum etwas wirkt nachhaltiger als aufregende Erlebnisse zum Riechen, Anfassen und Staunen in der Natur.

*1 Quelle: Bundesministerium fĂŒr ErnĂ€hrung und Landwirtschaft, bmel.de
*2 Quelle: Studie der UniversitĂ€t Augsburg “How much ist he dish“/food-monitor.de

Ökodorf Brodowin, Weißensee 1, 16230 Chorin OT Brodowin, brodowin.de

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