seit 17.11.2018 bis auf Weiteres – PERGAMON. Meisterwerke der antiken Metropole und 360°-Panorama von Yadegar Asisi.
Ich betrete die 30 Meter hohe Rotunde als es im antiken Pergamon gerade hochhergeht. Vor mir präsentiert sich ein Festtag zu Ehren des Gottes Dionysos im Jahres 129 n. Chr. Als Gott des Weines und der Vergnügungen war er auch für Rausch und Ekstase zuständig. Und für das Theater. Während ich den Aussichtsturm nach oben schreite, höre ich hier und da ein Flüstern, Raunen, ein Auflachen.
Das Sonnenlicht gleisst über eine mediterrane Szenerie von festlich gekleideten Frauen, die in Richtung Pergamonaltar gehen. Ein Ochse und ein Schaf werden auf der Terrasse als Opfergabe getötet. Ein Blöken und Brüllen ist aus dem Off zu hören. Skulpturen, die ich gerade noch in der Ausstellung gesehen habe, werden in einer Bildhauerwerkstatt am Hang von Seilzügen aufgerichtet.
So könnte es gewesen sein, das antike Leben
Auf der höchsten Aussichtsplattform angekommen, ist der Blick auf den Pergamonaltar, der den Römern als das achte Weltwunder galt, wirklich beeindruckend. Wie auf einem Wimmelbild werden überall kleine Geschichten erzählt: Spielende Kinder, Liebespaare, ein Priester vor einer Feuerschale, ein römisches Amphitheater mit Gladiatorenkämpfe, Frauen und Männer in Feierlaune bevölkern das monumentale Rundumbild. Langsam neigt sich das Licht, es wird Abend, der Mond geht auf, die Geschäftigkeit nimmt ab, das Grillenzirpen wird lauter und ich denke: Ja, so könnte es gewesen sein, das antike Leben.
Das 360°-Panorama „Pergamon. Meisterwerke der antiken Metropole“ ist eine Zusammenarbeit der Staatlichen Museen zu Berlin mit dem Künstler Yadegar Asisi. Bereits zum zweiten Mal (zuletzt 2011) hat der Künstler ein solches Bild geschaffen. Das Panorama schickt den Besucher durch das Leben der griechisch-römischen Stadt Pergamon an der ägäischen Westküste der heutigen Türkei. Für die Zeit bis voraussichtlich 2023, während das Pergamonmuseum saniert wird, laden die Staatlichen Museen zu Berlin in das temporäre Ausstellungsgebäude gegenüber dem Bode-Museum zu dieser Annäherung ans klassische Altertum ein.
Daneben werden eine Vielzahl der wichtigsten Werke der Antikensammlung aus Pergamon – darunter der größte Teil des Telephos-Frieses vom Pergamonaltar – gezeigt. Verschiedene Installationen präsentieren den Besuchern künstlerische Interpretationen zum besseren Verständnis der antiken Lebenswelt. Neben Asisis Zeichnungen gibt es auch ein Video, in dem seine Arbeitsweise deutlich wird. Spannend!
Die Motivation bei dieser Präsentation war es, „auch Leute mit der klassischen Antike zu konfrontieren, die sonst nie ins Museum finden. Hier würde es mich ganz besonders freuen, die Schulen in Berlin und Brandenburg zu interessieren“, so Andreas Scholl, der Direktor der Antikensammlung der Staatlichen Museen zu Berlin.
Selten habe ich eine archäologische Sammlung so anschaulich präsentiert gesehen.
Die aufwendigen Visualisierungen entsprechen sicherlich den Sehgewohnheiten der jüngeren Generation und die Ausstellung ist gerade dadurch reizvoller als ein purer Besuch der steifen Marmordamen in der Antikensammlung. Hier können die Besucher auf Spurensuche gehen und ihre Eindrücke wie Puzzleteile zusammensetzen: Zuerst das Panorama lesen und dann die Artefakte in der Ausstellung suchen und finden oder umgekehrt.
Eine gelungene Ausstellung – nur eine Anmerkung noch: Gerne hätte ich das Panoramabild ohne das Ungeheuer von atmosphärischen Soundtrack erleben wollen. Vielleicht hilft ja ein Audioguide?
Der Andrang zur Ausstellung ist mitunter groß, weshalb sich am Wochenende und an Regentagen eine Zeitfensterbuchung empfiehlt. Das Vermittlungsprogramm bietet für Familien mit Kindern im Alter von 6-12 Jahren jeweils sonntags um 15:00 ein Ausstellungsgespräch (Anmeldung erforderlich), bei dem die antike Stadt Pergamon mit ihren Tempeln, Theater und Palästen im Mittelpunkt steht. Es werden Rekonstruktionen mit Originalobjekten aus der Zeit verglichen und besprochen.