Wenn es in Europa klirrend kalt wird, wünschen wir uns umso mehr auf die Südhalbkugel in den Sommer. Katharina Middendorf und Ralf Sturm waren zwei Wochen mit ihrer Patchwork-Familie und einer Reisegruppe, die die beiden leiteten, am Fuße des Himalaya in Rishikesh, Indien, unterwegs. Für HIMBEER berichten sie von ihren Erlebnissen.
Wenn man eine große, weite Reise mit Kindern plant, gesellen sich zu den vielen Reisevorbereitungen viele verschiedene Reaktionen. Nicht alle davon sind hilfreich. Wenn man ehrlich ist, eigentlich die wenigsten. Sorgen,
Vor der Reise nach Indien
Befürchtungen und Zweifel machen sich breit und machen die Reise schon im Vorfeld zu einer großen Bewährungsprobe.
„Sollen wir wirklich?“
„Kriegen wir das hin?“
„Wollen wir nicht doch lieber nach Mallorca?“
Doch zum Glück muss man bei einer weiten Reise schon recht früh buchen, sodass, wenn die Zweifel kommen, man eigentlich nicht mehr zurück kann. Bei uns haben die Kinder immer jeden kleinsten Zweifel weggewischt: Einfach durch die unendliche Vorfreude.
„Wieviel Mal schlafen noch?“
„Laufen da echt Kühe frei rum?“
„Wie bunt ist es denn da?“
Als wir in Indien ankommen, haben wir schon eine kleine Weltreise hinter uns. Erst von Berlin nach Frankfurt, dann mit dem Flieger von Frankfurt nach Dehli, dann mit einem weiteren Flieger von Dehli nach Dheradun und dann noch mit dem Auto nach Rishikesh. Alles in allem 24 Stunden.
Wir, das sind Mama, Papa, unsere zwei achtjährigen Töchter, unsere fünfjährige Tochter, unser Säugling (elf Monate) und eine Reisegruppe von sechs Erwachsenen und einem zwölfjährigen Jungen. Zum ersten Mal fahren wir mit der Familie soweit weg.
Die erste Fernreise als Familie geht nach Indien
Und zum ersten Mal verbinden wir eine Familienreise mit der Leitung einer Reisegruppe. Doch das macht uns keine Sorgen. Denn die Kinder sind von Anfang gewohnt, dass unsere Arbeit hier und da mit unserem Privatleben verschmilzt. Und wie das sooft ist, wenn die Eltern sich keine Sorgen machen, dann ist auch für die Kids alles ok und es läuft reibungslos.
Kaum verlassen wir das Flughafengebäude geht es Knall auf Fall los: Staub, Hupen, Müll und Kühe. Wir setzen und dann ins Auto und bevor man denken kann, ruckelt der Jeep schon los. Im Hotel angekommen, erkunden wir zuerst die Umgebung. Wo sind wir hier überhaupt? Was ist hier anders als zu Hause?
Erstaunlicherweise fügen sich die Kleinen sehr schnell in das laute, hupende, volle Stadtbild ein. Wir Eltern werden zu Leittieren, denen man gerne folgte, ganz anders als sooft daheim. Man schlendert nicht durch die Straßen, sondern ist konzentriert und bei der Sache, was nicht leicht ist, bei den tausend Ablenkungen um einen herum.
Wie in jedem anderen Urlaub auch, ob Mittelmeer, Ostsee oder der Badesee zieht es die Kinder zum Wasser. Und hier ist es plötzlich egal wo man ist: planschen, buddeln, Freiheit. Schon lustig mitten in Indien am Ganges nackte Kinderpopos rumspringen zu sehen. Der Fluss ist hier sehr sauber, wir sind nicht weit von den Bergen entfernt, wo er entspringt.
Und trotzdem: Die Bilder von Leichen, die weiter unten durch den Fluss schwimmen, ist präsent. Es ist nicht leicht zwischen Naivität und Übervorsicht zu navigieren. Hier muss man selbst entscheiden. Und wenn man alle möglichen Gefahren einbezieht, kann man gar nichts machen. Also bleibt eins: wachen Auges immer mal wieder auch zu vertrauen, dass nicht alles schief gehen muss.
Es zieht uns jeden Tag zum kleinen Strand im hinteren Teil von Rishikesh. Nach den Wanderungen durch die Berge und die indischen Dörfer sowie nach den Tempelbesuchen. Die Eindrücke sind zahlreich, aber die Kinder gehen wie zu Hause ihren Weg, quatschen, lachen, streiten.
Hier und da mal eine Frage: Wer ist der Gott dahinten noch mal? Die meiste Zeit aber: Wann können wir wieder einen Nutella-Pancake essen? Viele der Eindrücke werden erst später zutage treten. Aber eines ist jetzt schon ganz spürbar: Wir sind alle wieder ein Stück mehr zusammengerückt. Wir haben ein Abenteuer erlebt, von dem wir noch lange sprechen werden.
Der Wandertag im Himalaya aus dem Tagebuch von Lea, 8 Jahre:
Wir waren auf einem Berg. Da gab es einen Laden. Da gab es Tee und Fanta. Die Fanta sah sehr giftig aus. Dann sind wir zu einer Höhle gegangen. Dann haben wir einen Hund getroffen, den wir Shiva nannten. Dann sind wir zum Ganesha-Tempel gegangen. Als wir den Weg runter gegangen sind hat Papa gesagt, er sei etwas kürzer als der Weg rauf. Aber er war sehr viel kürzer als der Weg rauf.
Text: Katharina Middendorf
Katharina Middendorf und Ralf Sturm bilden in Berlin Yoga- und Meditationslehrer aus und fort. Beide publizieren zu den Themen Yoga, Lebensführung und Partnerschaft u.a. im Gräfe und Unzer Verlag und im Kamphausen Verlag. Zusammen führen sie die Praxis Middendorf-Sturm für Paar- und Sexualberatung sowie Yoga-Therapie in Berlin-Zehlendorf. Sie leben mit vier Kindern in einer Patchwork-Familie in Berlin. nivata.de
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