Der Übergang von der Kita in die Grundschule wird von Kindern meist mit Vorfreude erwarten, von Eltern oftmals aber mit Bedenken. Welche Fragen sich stellen und wann, wo und wie man sich informieren kann, lest ihr hier.
Auch HIMBEER-Redakteurin Carolin, deren Tochter dieses Jahr nach den Sommerferien in die Schule kommt, hat sich mit diesen Fragen beschäftigt.
Fragen und Fakten rund um die Einschulung in Berlin
Kaum ein Thema hat in der HIMBEER Redaktionssitzung für so viel Gesprächsstoff gesorgt wie dieses – haben doch fast alle von uns Kita- und Schulkinder unterschiedlichen Alters und mit den verschiedensten Bedürfnissen.
Schnell kommen viele Fragen auf: Wann ist der richtige Zeitpunkt für die Einschulung? Ist mein Kind überhaupt schon bereit für diesen Schritt und woran merke ich das? Was muss ich im Falle einer Zurückstellung beachten? Welche Schulform kommt für uns in Frage? Endet die unbeschwerte Kindheit mit Eintritt in die Schule und ist mein Kind den Anforderungen des „echten“ Lebens schon gewachsen?
Der Austausch mit anderen Eltern ist nicht immer nur gewinnbringend. Als es um den bevorstehenden Schulstart meiner Tochter ging, wurde ich schon weit vor Beginn des letzten Kitajahres plötzlich von allen Seiten mit Ratschlägen und Meinungen versorgt.
Ein Besuch auf dem Spielplatz konnte da zur Geduldsprobe werden – nicht weil die gerade noch so kleine Tochter inzwischen mutig die höchsten Klettergerüste erklimmt, sondern weil immer auch andere Eltern da waren, die mit größter Neugier herausfordernd fragten: „Schickt ihr eure Tochter nächstes Jahr schon in die Schule?“ Ein einfaches „Ja“ reichte als Antwort meist nicht aus. Denn die Frage, ob und wann ein Kind bereit für die Schule ist, treibt alle Eltern um.
Es fällt schwer, unbeirrt den eigenen Weg zu gehen und sich bei all den komplexen Fragen zum Thema Schulstart nicht verrückt machen zu lassen.
Wann ist der richtige Zeitpunkt für den Schulstart?
Für die Einschulung gibt es einen klar definierten zeitlichen Rahmen: So werden nach dem in Berlin geltenden Schulrecht mit Beginn eines Schuljahres (01. August) alle Kinder schulpflichtig, die das sechste Lebensjahr vollendet haben oder bis zum folgenden 30. September vollenden werden.
Wenn es um die Frage einer vorzeitigen Einschulung geht, gilt die Zeit vom 01. Oktober bis 31. März des Folgejahres als sogenannter „Kann-Kind“-Zeitraum, vorausgesetzt, es besteht kein Sprachförderbedarf.
Im Gespräch mit anderen Eltern stelle ich überrascht fest, dass diese weniger das regelrechte oder vorzeitige Einschulen in Betracht ziehen als vielmehr häufig das Zurückstellen. Mittels „Antrag auf Zurückstellung“ besteht die Möglichkeit, den Beginn der Schulzeit um ein Jahr zu verschieben, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden.
Dazu gehören u.a. eine fachliche Einschätzung und das Erstellen eines individuellen Förderkonzepts durch die Kita, in dem der Entwicklungsstand des Kindes berücksichtigt wird, sowie ein schulärztliches Gutachten. Die Schulaufsicht des jeweiligen Bezirks entscheidet schließlich über die Zurückstellung.
Alle wichtigen Infos, Vorgaben und Fristen findet ihr gut zusammengefasst beim Berliner Familienportal und auch die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie informiert euch umfassend: berlin.de
Welche Schulform passt zu meinem Kind?
Die zuständige Schule ist immer die Grund- oder Gemeinschaftsschule, die im Einschulungsbereich und somit der eigenen Wohnung am nächsten liegt. Das soll für einen kurzen Schulweg sorgen und außerschulische Kontakte zu Kindern aus der Umgebung erleichtern.
Lasst euch bei der Auswahl der passenden Schule nicht von der Meinung anderer Eltern beeinflussen, sondern verschafft euch einen eigenen Eindruck der infrage kommenden Einrichtung, am besten vor Ort.
Macht euch ein Bild eurer Einzugsschule beim Tag der offenen Tür
Ungefähr ein Jahr vor der Einschulung veranstalten die Schulen einen „Tag der offenen Tür“, der einen ersten Eindruck von der Schule vermittelt. Wenn ihr euch für euer Kind eine Schule mit einem besonderen Schwerpunkt wünscht, könnt ihr bei der zuständigen Schule einen Wechsel beantragen.
Tag der freien Schulen
Schulen in freier Trägerschaft informieren jedes Jahr im September am „Tag der freien Schulen“, organisiert von der Arbeitsgemeinschaft Freier Schulen (AGFS), über ihr vielfältiges Angebot. Das Anmeldeverfahren an einer freien Schule verläuft parallel zur Anmeldung an der Regelschule.
Tag der freien Schulen mit Bildungsmesse und Gala, 22.09.2024, freie-schulen-berlin.de
Auch wenn es noch sehr weit weg erscheint, verwendet im Idealfall auch schon einen Gedanken an das Thema weiterführende Schule ab der siebten Klasse.
In Berlin ist die Platzvergabe Numerus-Clausus-gebunden und kommt spätestens im zweiten Halbjahr der fünften Klasse auf euch zu. Sich von Anfang an für eine Gemeinschaftsschule oder Waldorfschule zu entscheiden, die euch und eurem Kind den oft nervenaufreibenden Step erspart, kann für einige Kinder sehr hilfreich sein.
Zu jung? Zu alt? Die Frage nach der Schulreife
Bei all den Abwägungen, wann der richtige Zeitpunkt für das eigene Kind ist, habe ich in diesem letzten Kitajahr viel gelernt: Fragt zuallererst euer Kind, was es möchte. Sind Neugier und Vorfreude bereits vorhanden, sollte das Kind nicht gestoppt werden.
Im letzten Kitajahr entwickelt sich eine starke Dynamik unter den Vorschulkindern, die nicht zu unterschätzen ist. Für meine Tochter käme ein weiteres Kitajahr einem Rückschritt gleich. Und das, obwohl sie als Septemberkind zu den jüngsten gehört.
Entscheidend ist auch, ob die engsten Freund:innen eingeschult werden oder nicht. Und wie die Empfehlung der Kita lautet. Vertraut auf die Erfahrung der Erzieher:innen, die die Entwicklung der Kinder tagtäglich mitverfolgen und euer Kind sehr gut kennen.
Die Entscheidung für oder gegen einen regulären Schulstart muss bereits sehr früh, lange vor dem eigentlichen Schulbeginn erfolgen. Dass da bei Eltern von gerade noch sehr jungen Kindern Zweifel aufkommen, ob das Kind den Anforderungen schon gewachsen ist, ist verständlich.
Auch meine Tochter wird aufgrund ihres Geburtstages im September mit fünf Jahren eingeschult und zu den jüngsten in der Klasse gehören. Was ich aber gerade in diesem letzten Kitajahr beobachten kann, ist der enorme Entwicklungsschritt im sechsten Lebensjahr.
Vieles, was vor einigen Monaten noch undenkbar war, ist heute schon selbstverständlich für meine Tochter. Nicht umsonst wird diese Phase auch Wackelzahnpubertät oder Sechsjahreskrise genannt – die körperlichen und mentalen Veränderungen des Kindes sind enorm, mit all den Höhen und Tiefen.
Lieber doch noch ein Jahr Kindheit?
Mit diesem Satz wurde ich im vergangenen Jahr mehrfach konfrontiert. Am Anfang noch darüber nachdenkend, habe ich inzwischen eine klare Position. Der Gedanke, mit der Einschulung ende die Kindheit, macht für mich keinen Sinn, denn Schule und Freizeit oder Spiel sind keine Gegensätze.
Das Spiel ist ein wichtiger Baustein kindlicher Lernprozesse und Schule ist nicht alles. Ich finde es wichtig, meiner Tochter von Beginn an zu vermitteln, dass Arbeit und Schule nicht das komplette Leben bestimmen, sondern ein (hoffentlich schöner und erfüllender Teil) des Lebens sind.
Bei all den Formalitäten, die ihr im Jahr vor der Einschulung einhalten müsst – von der Anmeldung an der Schule, über die Schuluntersuchung bis zum ersten Elternabend – macht das Vorschuljahr auch riesigen Spaß. Der Schulranzen wird gekauft, der erste Zahn wackelt, eine Kita-Übernachtung oder sogar Reise sorgt für mehr Selbstständigkeit und macht mächtig stolz.
Ich liebe es, meiner Tochter bei all diesen schönen Erlebnissen zuzusehen. Versucht das zu genießen! Lasst es auf euch zukommen und vor allem, gebt eurem Kind Sicherheit und Zuversicht. Dann glätten sich auch die Sorgenfalten.
Literatur zum Thema Einschulung
Bücher zum Thema Schulanfangsprozess wie beispielsweise der beziehungsorientierte Ratgeber „Hallo Schulanfang“ von Saskia Niechzial oder „artgerecht – Das andere Schulkinder-Buch“ von Nicola Schmidt können euch dabei sehr behilflich sein.
Die Schulvorbereitung ist ein ganz individueller Prozess: Jedes Kind ist anders und hat ganz eigene Bedürfnisse. Ihr kennt es am allerbesten. Wichtig ist, darauf einzugehen und euer Kind angstfrei und mit Freude zu begleiten.