Nach beinahe jahrzehntelangem Widerstand ist nun also auch unser Lieblingskolumnist auf den Hund gekommen ...
Die Idee, Kinder in die Welt zu setzen, ist ja grundsätzlich einmal positiv zu betrachten. Fortpflanzung entspricht schließlich ganz unserem Naturell. Und Kinder zu haben ist auch wirklich eine feine Sache, wenn man sich nur nicht so wahnsinnig viel um sie kümmern müsste – besonders in den ersten Lebensjahren. Je älter sie dann werden, und das darf ich gerade an meinen beiden adoleszenten Töchtern erleben, um so geringer wird ihr Anspruch auf elterliche Rundumbetreuung.
Ein Umstand, den meine Frau und ich sehr zu genießen wissen. Plötzlich können wir abends wieder losziehen, ohne einen überbezahlten Babysitter engagieren zu müssen. Sogar ein Liebeswochenende in Nizza ist wieder drin, wenn der Kühlschrank vor der Abreise gut gefüllt und die Freunde aus der Nachbarwohnung mit der entsprechenden Verantwortung betraut wurden. Lange vermisste Freiheiten kehren da zurück, spontane Lust-und-Laune-Ideen trauen sich wieder aus ihren Verstecken – alles super, alles auf dem richtigen Weg und ich nur so „Yeah“.
Wäre da nicht die Sache mit dem Hund. Schon tausendfach habe ich meinen tierliebenden Töchtern erklärt, dass und warum mir ein Hund nicht ins Haus bzw. in die Stadtwohnung kommt. Jeden Tag begegnen mir hier im Park die überforderten Hundebesitzer, die von ihren hochgezüchteten, sehnig-muskulösen Modehunden durch die städtischen Grünanlagen gezogen werden.
Ein gestandener Jagdhund macht in diesem Gentrifizierungs-Revier nun mal genau so wenig Sinn, wie ein Ferrari in der parkraumbewirtschafteten 30er-Zone.
„Und wer kümmert sich um das Tier, wenn ihr in der Schule seid, wenn wir ins Kino oder kurz nach Nizza wollen?“ Ich habe keine Lust, meine Lebens-, Reise- und Freizeitplanung nach den Bedürfnissen eines Hundes auszurichten. Frische, warme Hundekacke in kleine Beutelchen zu verpacken, widerstrebt mir ebenfalls zutiefst. Hunde stinken, haaren und kotzen in Autos. Und außerdem und überhaupt und sowieso. Und nein, ich bin kein Prinzipienreiter und ein unverbesserlicher Sturkopf bin ich auch nicht. Unser Zwerghamster Gonzo ist der lebende Beweis dafür, dass ich Haustiere nicht grundsätzlich ablehne. „Aber ein Hund kommt mir nicht ins Haus!“
Diese Haltung habe ich über Monate beharrlich verteidigt. Doch dann kamen sie mir mit Bobby: Ein hässlicher kleiner Straßenköter, der von engagierten deutschen Tierschützern aus den Fängen brutaler rumänischer Hundefolterer gerettet wurde, der es, laut Inserat, noch nie in seinem Leben schön hatte, der sich so sehr nach einer liebevollen Familie sehnt und dessen Bitte-rette-mich- Schnappschuss-Blick meine beiden Töchter UND meine Frau direkt ins Herz getroffen hat.
„Und was ist tagsüber, wenn ihr in der Schule seid? Wer kümmert sich dann um den Hund?“ Mir wurde eine Bestätigung der Schule vorgelegt, dass der Hund an drei Tagen der Woche mit in den Unterricht gebracht werden darf. „Und bei uns im Büro freuen sich auch schon alle auf ihn!“ fällt mir meine Frau in den Rücken. „Und in den Ferien? Ihr glaubt doch nicht, dass Oma und Opa …“, auch die Unterstützung der Großeltern während unserer Auslandsaufenthalte wurde mir schriftlich bestätigt.
All meine Argumente wurden systematisch niedergebügelt, bis ich mich schließlich geschlagen geben musste. Und so haben wir letzte Woche Bobby zu uns geholt. Auf der Fahrt in sein neues Zuhause hat Bobby vor lauter Aufregung einen Riesenhaufen auf die Rücksitzbank gekackt. Panik unter den neuen Hundebesitzerinnen: „Baahhhhh. Ich kann nicht mehr atmen! Mach das Fenster auf!“, „Nein, sonst springt Bobby noch raus.“ Kein Komödienautor hätte diese Szene besser schreiben können und mich hat es vor Lachen schier zerrissen. Bobby hat sich solche Scherze seither verkniffen. Aber er sorgt nach wie vor für beste Stimmung. Wenn das so weiter geht, befürchte ich, könnten wir echte Freunde werden.