In unserer neuen Kolumne „Liebe Goldfarbs“ beantworten die Paartherapeut:innen Laura und Tobias Goldfarb eure Fragen rund um Liebe, Partnerschaft und Beziehungsprobleme. Zum Auftakt geht es um heikle Gesprächsthemen.
Liebe Goldfarbs …
… es fällt mir sehr schwer, meinem Partner gegenüber ein unangenehmes Thema anzusprechen, zum Beispiel die Arbeitsteilung im Haushalt, die Kindererziehung und, das ist das Schwerste von allem, unser Liebesleben. Mir fehlt einfach der Mut, diese Dinge anzusprechen. Was kann ich tun?
Jenny*, 34
Die Goldfarbs antworten
Liebe Jenny,
hier ist die Kurzform unserer Antwort: Tu es! Sprich die Dinge an, die dir auf dem Herzen liegen. Tu es so bald wie möglich. Du wirst es nicht bereuen.
Klar, das ist leichter gesagt als getan. Wir haben gut reden, beziehungsweise schreiben, zu zweit hinter dem Laptop, und du bist ganz allein mit den Dingen, die dich bedrücken. Woher sollst du den Mut nehmen, ein schwieriges Gespräch zu beginnen? Hier also die längere Variante.
Die Wahrheit ist: Du bist nicht allein mit dem unangenehmen Thema. Dein Partner ist auch noch da, und die Wahrscheinlichkeit, dass ihn dieselben Dinge stören oder verunsichern wie dich, ist ziemlich hoch. Und selbst, wenn er kein Problem mit einer Sache hat, hat er deine Verunsicherung sicherlich schon gespürt, was ihn wiederum verunsichert hat.
Diese doppelte Verunsicherung ist alles andere als angenehm und führt irgendwann dazu, dass man sich anschweigt und einen Streaming-Account braucht, bei dem jeder gleichzeitig ihre oder seine eigene Serie auf dem Tablet schauen kann. Das ist teuer und alles andere als romantisch. Ihr seid ein Team – oder zumindest sollte jede Partnerschaft das Ziel verfolgen, ein Team zu werden.
Also: Trau dich.
Geh nicht davon aus, dass dein Partner gleich an die Decke geht. Er ist nicht aus Zucker, und ihr beide habt die Chance, gestärkt aus dem Gespräch herauszugehen. Denke nicht gleich für ihn mit, lass ihm die Freiräume, sich die eigenen Gedanken zu machen. Je gelassener du an die Sache herangehst, desto offener kann dir auch dein Partner antworten. Wenn du ihn mit Panik in den Augen und Schweiß auf der Stirn dramatisch zur Rede stellst, ist die Wahrscheinlichkeit, dass Türen knallen und Fronten verhärten, viel größer.
Warte nicht zu lang damit, das Gespräch zu suchen, denn je länger die Bank ist, auf die du ein haariges Thema schiebst, desto größer ist die Gefahr, dass ihr plötzlich auf zwei verschiedenen Bänken sitzt. Wähle den richtigen Zeitpunkt für das Gespräch. Falle nicht mit der Tür ins Haus, sage, dass du ein Gespräch brauchst und sage auch, worum es geht. Achte darauf, dass du selbst in einer möglichst stabilen Stimmung bist.
Mache deine Position, dein Bedürfnis klar.
Versuche, im Gespräch nicht anzuklagen, vermeide Du-Botschaften wie „Du verwöhnst die Kinder total“ oder „Früher warst du leidenschaftlicher“. Mache deine Position, dein Bedürfnis klar, und höre gut zu, wenn dein Partner seine Bedürfnisse schildert. Bleib offen für neue Ideen und neugierig auf die Entwicklung, die das Gespräch nehmen kann. Vergiss nicht: Je öfter ihr solche Unterhaltungen führt, desto leichter wird es euch fallen. Das, was sich so unangenehm anfühlt, ist das perfekte Training. Ihr gebt eurer Partnerschaft die Chance, zu reifen.
Verlasse dich nicht auf das Argument der Fairness.
Denn das, was du als ausgewogen empfindest, könnte dein Partner ganz anders sehen. Liebe und Zuneigung sind ein viel wertvolleres Argument.
„Ich würde mich total freuen, wenn du die Kinder ins Bett bringst. Das würde mir zeigen, dass du mich wirklich liebst.“ klingt erstens ziemlich lustig, und ist zweitens viel wirksamer als „Es ist nicht fair, dass ich die Kinder ins Bett bringe.“ Vielleicht findet dein Partner das schon fair, weil er die Kinder in die Kita bringt – und schon habt ihr den nächsten Streit an der Backe.
Beim sensiblem Thema Liebesleben gelten dieselben Regeln: Keine Anschuldigungen, keine Vorwürfe, sondern klar formulieren, was dir selbst gefällt. Fordere auch deinen Partner auf zu sagen, was er sich wünscht. Redet nicht über diese Themen, wenn ihr gerade verletzt oder nicht gut aufeinander zu sprechen seid.
Auch, wenn das Gespräch keine besonders gute Wendung nimmt: Wirf das Spielbrett nicht gleich um, wenn ein paar deiner Figuren rausgeschmissen wurden. Der Mensch darf sich ärgern, aber es gibt immer eine Chance für eine zweite Runde.
Du wirst sehen: Mit ein wenig Übung wirst du bald furchtlos durch schwierige Gespräche gleiten wie ein Delfin durch den stürmischen Ozean. Aber es liegt an dir, den ersten Schritt zu wagen.
Alles Liebe
Deine Goldfarbs
Ihr habt eine Frage, der sich die beiden Paartherapeut:innen widmen können? Dann schreibt uns an liebegoldfarbs@himbeer-verlag.com
Goldfarb & Goldfarb
Laura und Tobias bieten Paartherapie, Einzelsitzungen, Beziehungs-Check, Mediation und Teambuilding in ihren Räumen in Berlin-Prenzlauer Berg oder als Online-Sitzungen (auch auf Englisch) an. goldfarb-goldfarb.com