Elefantenrunde bei Phorms

In anderthalb Monaten wird gewählt! Höchste Zeit – wenn man es noch nicht getan hat – kritische Fragen an die Kandidatinnen und Kandidaten zu stellen. So dachten auch die Schüler*innen der elften Klassen bei Phorms in Berlin-Mitte. Fünf Direktkandidat*innen der größten Parteien dieses Landes folgten der Einladung zur Schul-Elefantenrunde. Wie sie sich geschlagen haben?

Am 24. September sind Bundestagswahlen. Seit kurzem sind alle Wahlprogramme verabschiedet, die Direktkandidaten aufgestellt. Nun liegt es an uns, möglichst viele Fragen zu stellen und vor allem möglichst alles zu hinterfragen, was uns da so Schwarz auf Weiß vorgesetzt wurde. Dieser Meinung waren auch die Politikkurse der elften Klassen an der Phorms-Schule in Berlin-Wedding, deshalb luden sie Direktkandidaten und -kandidatinnen für Mitte und Steglitz-Zehlendorf, wo es einen zweiten Phorms-Standort gibt, zu sich in die Schule ein.

10:02 Uhr, Theatersaal: Bestimmt 50 Schüler und Schülerinnen haben sich schon in dem großen Saal eingefunden und tummeln sich zwischen den Reihen. Auf der Bühne stehen fünf Stühle hinter einem langen Tisch mit schwarzer Tischdecke. Eva Högl, Listenplatz 1 der SPD, hat schon mal Platz genommen, genau wie Steve Rauhut von der Partei Die Linke direkt neben ihr.

Um sich vor dem Polit-Talk noch kurz unterhalten zu können, schalten sie vorsichtshalber das Tischmikro noch mal aus, erklärt Högl. Noch nicht Platz genommen, aber schon länger vor Ort, ist Frank Henkel, der sich für die CDU hat aufstellen lassen. Der ehemalige Innensenator Berlins teilt Gesprächsstoff mit Hartmut Ebbing von der FDP, der als einziger Direktkandidat dieser Runde nicht für Mitte, sondern für den Bezirk Steglitz-Zehlendorf antritt. Schwarz-gelbe sowie rot-rote Tendenzen, was den Vorab-Gesprächspartner angeht, sind zu erkennen. Irgendwie gewohnt und doch verwunderlich, wenn man bedenkt, dass sich die Wahlprogramme der großen Volksparteien eigentlich kaum noch voneinander unterscheiden.

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Um 10:10 Uhr sitzen dann alle Anwesenden auf Schüler*innen- und auch Politiker*innenseite, der Platz in der Mitte des schwarzen Tisches ist noch leer. Einer, das ist Özcan Mutlu von den Grünen, kommt fünf Minuten später noch in den Saal gesprintet und erntet dafür tosenden Beifall. Und auch so ist die Stimmung gut unter den Phormslern, die die Elefantenrunde nicht zum ersten Mal veranstalten.

Für die beiden Moderator*innen Alma Leonhardt und Marcus Rauch allerdings, ist es eine ganz neue Situation. Die beiden haben sich gemeinsam mit den anderen aus den Politik-Kursen schon länger auf diesen Moment vorbereitet. Die Fragen sitzen, genau wie inzwischen alle fünf geladenen Gäste.

Alle Mikros bitte an, Frau Högl, und los geht’s. Die Talk-Runde gliedert sich in vier Runden. In Runde Nummer 1 geht es darum, möglichst auf den Punkt zu antworten. Denn jede*r der Kandidat*innen hat genau 60 Sekunden, um eine Frage, die sich an alle richtet, zu beantworten.

„Wie schaffen Sie es, auch junge Menschen in Politik einzubinden und zu berücksichtigen?“ Obwohl die Fragen vorher nicht bekannt waren, ein recht leicht zu antizipierendes Thema an einer Schule. Und ein sehr wichtiges! Tick Tack, der Countdown läuft. Henkel betont die vielen Möglichkeiten, sich in Jugendorganisationen zu engagieren, Gong (durch die High-Hat eines Schlagzeugs), Mutlu und die Grünen sind für das Wahlalter ab 16 und Demokratieunterricht in der Schule, Gong, Högl ist stolz, dass es das Wahlalter 16 ins Programm der SPD geschafft hat, Gong. Ähnliche Antworten von den Plätzen links und rechts außen der langen Tafel.

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Politik | Himbeer MagazinRunde 2 ist die Debattenrunde. Beim Thema Steuern für Reiche wird es dann auch tatsächlich ziemlich debattig auf der Theaterbühne. Während CDU und FDP-Kandidaten sich auch privat, wie sie sagen, darüber ärgern, einen großen Teil von hart erspartem Geld (das muss auch gar nicht viel sein und superreich sind sie ja auch nicht), aufgrund des gewünschten Steuersatzes der Konkurrenz zu verlieren, findet Rot, Rot und Grün am Tisch, dass das wichtiges Geld für zum Beispiel die Bildung sei.

Diese Aussage ruft einen Schüler aus dem Publikum auf den Plan, der fragt, wie Herr Mutlu und die Grünen denn eigentlich garantieren wollen, dass das Geld aus den Steuereinnahmen auch in genau diese unterfinanzierten Sektoren fließe: „Demokratie ist, dass ihr wählt und sich dann eine Regierung bildet. Die macht dann einen Koalitionsvertrag und darin wird festgelegt, was in den nächsten vier Jahren gemacht werden soll. Wenn die richtigen Parteien einen Vertrag schließen, dann steht all das, was du gerade hinterfragt hast, im Koalitionsvertrag“, antwortet Mutlu.

Da sich fast niemand an seine Redezeiten hält, fallen Runde 3 (Die Kandidaten fragen sich gegenseitig etwas) und 4 (Zuschauerfragen) etwas kürzer aus. Und doch kommen hier noch mal spannende Aspekte auf den Tisch, wenn zum Beispiel der evangelische Theologe Steve Rauhhut von Frank Henkel wissen möchte, warum die CDU als christliche Partei nicht auf dem Schirm zu haben scheine, dass ein Grundpfeiler des Christentums die Nächstenliebe sei – die irgendwo zwischen unmenschlicher Bedingungen vor dem LAGeSo in Berlin und der Verschärfung des Einwanderungsgesetzes durch die schwarz-rote Regierung abhanden gekommen sei.

Aufgefallen | Himbeer Magazin

Eine weitere Publikumsfrage erwischt den Tisch der Fünf und vor allem Rot-Schwarz eiskalt: „Warum unterstützt die deutsche Regierung eigentlich Waffenexporte?“ Während Henkel sich und seine Partei verteidigt: „Ich gehöre zu denjenigen, die nicht daran glauben, dass wir eine friedliche Welt hinkriegen ohne Waffen. Wir müssen natürlich aufpassen, mit wem wir Handel betreiben …“, findet Eva Högl: „Wir müssen uns für viel mehr Abrüstung einsetzen, das Thema Frieden ganz groß schreiben und wir dürfen nach Saudi-Arabien keine Waffen exportieren! Unterstützen Sie das bitte!“ Beifall im Saal.

11:45 Uhr. Anderthalb Stunden politische Talk-Runde werden von Alma und Marcus mit Schlussworten beendet. Das Publikum klatscht, Özcan Mutlu macht ein Selfie und die anderen vier atmen durch. Die beiden Moderator*innen sind sehr zufrieden. Marcus wird pünktlich zur Bundestagswahl 18 sein: „Ich weiß jetzt genauer, was ich am 24. September wähle“, sagt er. Zweck erfüllt!

Hier findet ihr die Wahlprogramme der Parteien CDU, SPD, Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen und FDP.

Den Wahl-O-Maten der Bundeszentrale für politische Bildung findet ihr ab 30. August hier.

Text: Eva Schneider

Bildnachweise:
Phorms Education SE

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