Ferien in Bullerbü

Einmal Ferien machen wie Lasse, Bosse und Co., das ist für viele Kinder ein großer Traum. Auf einem kleinen Hof in Südschweden ist der Lindgren-Zauber lebendig und sorgt für unvergessliche Urlaubserinnerungen.

Ihren ersten Flug absolvierte unsere Tochter noch unbemerkt als blinder Passagier – mein Freund und ich hatten einen fantastischen Urlaub in Norwegen verbracht und als Erinnerung nicht nur eine Leidenschaft für Skandinavien mitgebracht. Mittlerweile sind fünf Jahre vergangen und die Kinderzahl hat sich auf zwei erhöht, doch von den Urlaubserinnerungen zehren wir noch immer.

Wir haben Fernweh!

Der alten Liebe für den hohen Norden wollen wir jetzt neues Leben einhauchen. Schon bei der Suche nach dem passenden Urlaubsziel wird schnell klar, was sich Finja mit ihren fünf Jahren erhofft: Ferien in Bullerbü, in der Abendsonne mit Lasse und Kerstin durchs hohe Gras streifen, Kirschen pflücken und möglichst noch auf einem Pony reiten, ohne Sattel. Sicher Pläne, die auch ihr kleiner Bruder unterstützen würde. Astrid Lindgrens Kinderidyll lässt auch uns ins Schwärmen geraten, und wir finden tatsächlich einen Ort, der diesem ganz nah kommt. Auf der Insel Öland in Südschweden haben Stefan Gössling und Meike Rinsche gemeinsam mit ihrer Tochter Linnea eine wahre Oase geschaffen. Nicht weit vom Meer entfernt und mitten in traumhafter Landschaft gelegen erwartet den Urlauber auf Solberga Gard jede Menge Ruhe und Platz. Der Hof aus dem 19. Jahrhundert hat sich auf ökologischen Obst- und Gemüseanbau spezialisiert, Nachhaltigkeit spielt in allen Bereichen eine essentielle Rolle. Aber auch einige Vierbeiner sind hier zu Hause: Schafe, Schweine, Hühner, Katzen, Kaninchen und ja! Auch Pferde. Wohnen kann man entweder in einer der schönen Wohnungen im Gutshaus oder in der Scheune, oder man quartiert sich in den schmucken roten Ferienhäuschen ein, die den Traum von Bullerbü perfekt machen.

Nachdem also die wichtigsten Sachen geklärt sind, geht es los in Richtung Schweden und schon die Reise ist ein Abenteuer. Im Gegensatz zu unserem letzten kinderlosen Urlaub, bei dem wir schnittig mit dem Rucksack unterwegs waren, haben wir nun gefühlte Unmengen an Gepäck dabei und sind am Flughafen permanent damit beschäftigt unseren Sohn davon abzuhalten, die Sicherheitsschranken zu durchbrechen. Nicht nur im Flugzeug kleben beide Kinder ungläubig am Fenster und staunen über den Flickenteppich unter ihnen. Die Fahrt mit dem Bus über den Ölandsbron ist mindestens genauso aufregend. Die Brücke verbindet das schwedische Festland mit der Insel und gehört zu den längsten Brücken Europas. Vierzig Meter über dem Meeresspiegel gleiten wir über das Wasser und freuen uns, dass wir bald unser Ziel erreicht haben.

Alltag Adé

Nachdem wir auch die letzte Etappe hinter uns gebracht haben, ist der Wegweiser in Sicht: Solberga Gard! Als wir den Hof betreten, ist gleich klar, dass hier die Alltagshektik ganz weit weg ist. Die ruhige Atmosphäre lässt uns allen Reisestress sofort vergessen und wir tauchen ein ins Urlaubsfeeling. „Das sieht aus wie das Haus von Pettersson!“ ruft Finja, als wir unser Häuschen beziehen. Weil die Sommersonne scheint und wir den ersten Urlaubsabend feiern wollen, genießen wir unser Abendbrot draußen auf der Wiese, was dank Terrassenmöbeln problemlos möglich ist. Derart gestärkt drehen wir noch eine erste Runde über den Hof, sagen den Schweinen Guten Tag und kaufen noch ein paar Sachen fürs Frühstück im Hofladen, der neben den hofeigenen Erzeugnissen auch die wichtigsten Lebensmittel wie Kaffee, Brot oder Milch führt und zur Freude der Kinder auch ausgesuchte schwedische Süßigkeiten anbietet.

Am nächsten Tag werden wir mit bestem Ferienwetter geweckt und wollen das gleich für einen Ausflug zum Strand nutzen, Fahrräder für Kind und Kegel können direkt auf dem Hof gemietet werden. Nach fünf Minuten Fahrt empfängt uns ein langgestreckter Sandstrand und das weite, blaue Meer – kein Wunder, dass Öland zu den beliebtesten Urlaubsregionen in Schweden zählt. Entgegen der Unkerei unserer Freunde – „Was? Ihr fahrt nach Schweden? Dann vergesst mal nicht eure Regensachen!“ – werden wir auch die restlichen Tage unseres Urlaubs mit reichlich Sonnenschein verwöhnt und pendeln gemütlich zwischen Strand und Hof, auf dem sich unsere Kinder inzwischen mit dem Nachwuchs aus dem Nachbarhäuschen zusammengetan haben. Kurzerhand speisen wir ab jetzt an zusammengestellten Tischen auf der Wiese, was übrig bleibt, bringen die Kinder zu den Schweinen. Während die Eltern träge in der Abendsonne liegen, ziehen die Kinder ganz wie die Bullerbü-Vorbilder ihre eigenen Kreise und genießen die ungestörte Ferien-Freiheit.

An unserem letzten Abend überfällt uns schon die Wehmut. Lass uns alles hinschmeißen und hierbleiben! Aber es hilft ja nichts, und so schlendern wir ein letztes Mal an Hühnern, Schweinen und Obstfeldern vorbei, pflücken noch ein Schälchen Himbeeren und sagen dem Pferd Lebewohl, auf dem Finja am Schluss auch noch geritten ist. Und als wir wieder zurück am heimischen Küchentisch die schwedischen Himbeeren verspeisen, wissen wir, dass Solberga uns nicht zum letzten Mal gesehen hat.
www.solbergagard.se/de 

Text: Antje Kölling