Willi Baumeister gilt als einer der einflussreichsten Künstler der Nachkriegszeit in Europa. Seine von den Nazis als “entartet” diffamierten Werke waren bahnbrechend für die Entwicklung der modernen Kunst. Zeitlebens war er auf der Suche nach neuen Formen und Darstellungsweisen der menschlichen Gestalt. Die Ausstellung im Kupferstichkabinett zeigt bis April 2018 rund 100 Werke des großartigen Zeichners.
Für den 1989 in Stuttgart geborenen Maler und Zeichner, der auch als Bühnenbildner, Typograph und Kunsttheoretiker wirkte, spielte die Zeichnung schon früh eine zentrale Rolle. Baumeister setzte sie nicht nur skizzenhaft zur Vorbereitung seiner Gemälde ein, sondern nutzte sie zur Realisierung bildhafter Kompositionen von ganz eigener Qualität. Dies gilt besonders für die Jahre der künstlerischen Isolation während der NS-Zeit. In seinem kleinen Atelier auf der schwäbischen Alb in Bad Urach lotete er mit organisch-amorphen Formen die Abstraktionsmöglichkeiten der menschlichen Figur aus.
Gleich zu Beginn der Ausstellung dürfen wir “Apoll” bestaunen. Ein Werk aus dem Jahr 1922 das schon früh den typischen Baumeister zeigt: Konstruktivistische, mit dem Zirkel und Lineal komponierte Linien, die den griechischen Gott in eine erhabene Position rücken. Oder das Bild “Mensch und Maschine”, eine Papierarbeit von 1924, die die Technikgläubigkeit und die Hoffnungen des Industriezeitalters aufzeigt. Ab 1933 entstehen seine “Sportbilder”, in denen er die Silhouetten von Sportlern zu archaischen Zeichen und Flächenformen abstrahiert, angeregt von der prähistorischen Höhlenmalerei. Immer wieder experimentierte er mit der Figur als Chiffre und organisches Formengebilde und den verschiedensten Techniken.
Die Ausstellung zeigt uns ein breites Spektrum der Arbeiten von Willi Baumeister und bringt uns so fast von Bild zu Bild immer mehr seine Sehnsucht nach ursprünglicher Schaffenskraft nahe. In Ausstellungsgesprächen können Kinder überlegen, mit welchen Formen sie den menschlichen Körper vereinfacht darstellen wollen. Während der Osterferien findet ein dreitägiger Workshop mit dem Titel “Kreis, Dreieck, Quadrat” statt, bei dem die geometrischen Formen in Willi Baumeisters Zeichnungen unter die Lupe genommen werden, um anschließend das eigene Lieblingsmotiv mit farbiger Modelliermasse, Papier, Karton und Schnüren festzuzurren. Eine Anmeldung über die Seite der Staatlichen Museum zu Berlin ist erforderlich.
Willi Baumeister. Der Zeichner – Figur und Abstraktion in der Kunst auf Papier, bis 08.04.2018, Kupferstichkabinett, Matthäikirchplatz, 10785 Berlin, www.smb.museum
Bildnachweis:
Johannes Schubert, Willi Baumeister in der Werkstatt Erich Mönch, Akademie der Bildenden
Künste, Stuttgart 1953, Schwarz-Weiß-Fotografie (Negativ), 6 x 6 cm, Archiv Baumeister im
Kunstmuseum Stuttgart, © Archiv Baumeister im Kunstmuseum Stuttgart