Die freiberufliche Designerin aus Berlin Jenny Lettow hat sich zur Aufgabe gemacht, die Geschichten, die hinter den Namensgebern der Straßen von Berlin stehen, bildlich darzustellen.
Wie viel wissen wir schon über die Personen, die hinter den Straßennamen unserer Stadt stecken? Ziemlich wenig würde ich jetzt einmal vermuten. Viele sind ja schon froh, wenn sie die Straßennamen in ihrer Nachbarschaft im Gedächtnis behalten, geschweige denn dass sie die Lebensgeschichte ihrer Namensgeber kennen.
Das soll sich jetzt aber ändern, denn die Illustratorin Jenny Lettow hat sich die kleinen, unscheinbaren Täfelchen unter den Straßenschildern genauer angesehen. „Es ist sicherlich keine Übertreibung zu behaupten, ich hätte den schlechtesten Orientierungssinn in ganz Berlin. Würde mich jemand in der Straße, in der ich wohne, nach dem Weg fragen, müsste ich hilflos mit den Schultern zucken. Würde man mich allerdings fragen, wonach die Straße benannt wurde, könnte ich munter drauflos plaudern.“
Schon als kleines Kind wollte Jenny immer wissen, woher eigentlich der Name ihrer ,Heimatstraße‘ kommt. „Meine Eltern erklärten, dass diese nach einem Maler benannt wurde und mir wurde das erste Mal bewusst, dass sich hinter den Straßennamen spannende Persönlichkeiten und Geschichten verbergen.“ Seitdem schaut sie immer auf die kleinen Schilder an den Straßenenden, die einige Informationen zur Namensherkunft preisgeben.
2014 ist sie auf die Idee gekommen, kleine Bilder anzufertigen, in denen die Besonderheit der Person dargestellt wird. Diese veröffentlicht sie auf ihren Blog jenny.berlin. „Das Ganze soll Interesse an den Straßennamen wecken und den Personen dahinter ein Gesicht geben“, erklärt Jenny.
Dafür recherchiert die Designerin zuerst einmal im Internet nach Informationen. „Das Bild soll idealerweise einen Fakt besonders hervorheben, der symbolisch für den Namensgeber bzw. sein Leben steht.“ Alles wird per Hand gezeichnet. Nur unsaubere oder verwischte Stellen retuschiert sie am Computer und verändert den Kontrast. Danach wird das Bild coloriert und abschließend noch Schattierungen und Strukturen eingefügt.
Im März letzten Jahres erschien ihre erste Straßennamen-Illustration der Simon-Dach-Straße in Friedrichshain. In der Restaurant- und Barmeile hat die Berlinerin selbst jahrelang gewohnt und so war es selbstverständlich, dass ihre erste Zeichnung dieser Straße gewidmet wurde. Die wenigsten Partytouristen wissen wahrscheinlich, wer dieser Simon Dach überhaupt war, nämlich ein produktiver Dichter aus der Barockzeit. Von ihm stammt zum Beispiel folgende Weisheit: „Die Welt ist immer so wie du: Ein Lächeln und sie lacht dir zu, ein wenig Trotz, ein wenig Zorn und statt der Rose blüht der Dorn.“
Frauennamen sind in der Berliner Straßenlandschaft leider sehr unterrepräsentiert. Aber nicht nur deshalb hat Jenny eine ihrer Straßennamen-Illustrationen der ungarischen Künstlerin Edith Kiss gewidmet, die der noch relativ jungen Straße am neuen Mercedes-Benz-Gebäude am Ostbahnhof ihren Namen geliehen hat. Daimler wollte die Straße nach Bertha Benz benennen, doch (zu Freuden Jennys) wurde ein Vorschlag der Piratenpartei angenommen und so heißt die Straße nun nach der damaligen Zwangsarbeiterin in einem Daimler-Benz-Werk.
Neben diesen beiden Straßen sind bereits auch Illustrationen zum Columbiadamm nahe dem Tempelhofer Feld und zum Paul-Lincke-Ufer in Kreuzberg entstanden. „Die nächste Illustration wird zeigen, nach wem der Senefelder Platz benannt wurde. Dann versteht man auch, warum das Denkmal auf dem Platz eine spiegelverkehrte Inschrift hat“, verrät uns schon einmal die Künstlerin.
Auf Jennys Blog könnt ihr euch alle bis jetzt veröffentlichten Straßennamen-Bilder ansehen. Aber auch andere Projekte der freiberuflichen Designerin sind zu finden.