Samstag 13.05.2023 20:00

Why Chiquinha?

Eine Komponistin im Gegenstrom – „Chiquinha“ bringt die revolutionäre Geschichte von Brasiliens erster Berufsmusikerin nach Europa. In einem multidisziplinären Musiktheater präsentiert das internationale Kollektiv um Klarinettistin Noam Carmon das Leben und Werk der Komponistin, Pianistin, Dirigentin und Aktivistin Chiquinha Gonzaga, die sich zwischen ihrer und unserer Zeit bewegt.

Francisca Gonzaga (1847-1935) zählt zu den wichtigsten Pianistinnen und Komponistinnen der Jahrhundertwende in Brasilien. Sie ist Mitbegründerin des Musikstils „Choro“, der bekannt ist als „Vater des Samba“ und „Großvater des Bossa Nova“: Bis heute erklingt ihr Karnevalssong „Ó abre alas“ in den Straßen Rios beim größten Karnevalsumzug der Welt.

Das musikalische Lebenswerk der Komponistin, Dirigentin und Aktivistin, bekannt unter dem Künstlernamen Chiquinha, wird in „Why Chiquinha?“ auf die Bühne gebracht. Die Besucher:innen erwartet eine Musiktheater-Performance in den Sprachen Deutsch, Englisch und Portugiesisch – und ein Abend mit den Stimmen des Rio de Janeiro der Belle Époque bis ins 21. Jahrhundert. In ihren fast neunzig Lebensjahren komponierte Chiquinha Gonzaga aktiv über ein halbes Jahrhundert lang und experimentierte mit verschiedenen Musikgenres.

Immer wieder erfand sie sich neu und dokumentierte tagesaktuelle Eindrücke aus ihrem Umfeld in ihren Kanzonen, Walzern, Tanzmusiken, Karnevalsmusiken und Bühnenwerken. In ihrem Werk vereinigen sich europäische Salonkultur und afrikanische Rhythmen zu der brasilianischen Seele „Saudade“ – der unübersetzbaren Sehnsucht aus Liebe, Weltschmerz und Nostalgie.

„Why Chiquinha?“ ist ein musikalisches Tagebuch mit dem vierstimmigen Ensemble Noam Carmon (Klarinette), Johanna Lucia Pohlmann (Klavier), Marcela Dias (Stimme) und Liliana Zieniawa (Perkussion). In der Regie von Claudia Isabel Martin und ausgestattet von Hellena Kuasne entwickelt das Quartett eine erzählerisch-musikalische Collage.

Damit lenken die internationalen Musikerinnen den Blick auf dekoloniale Perspektiven im Musiktheater: „Why Chiquinha?“ entdeckt Repertoire jenseits des europäischen Kanons und erschafft eine mehrsprachige Berliner Femmage im Zweiviertel-Takt. Das Publikum kann gespannt sein auf improvisatorische Elemente und unvorhersehbare Miniaturen aus Tragik, Komik, Ironie und Selbstvertrauen, so berührend und unkonventionell wie die Künstlerin selbst: „Ich verstehe nichts von einem Leben ohne Harmonie“ soll sie ihrem ersten Ehemann entgegnet haben, nach seinem Klavierverbot.

Die Pianistin strebte weiter nach beruflicher Erfüllung und ebnete nachfolgenden Generationen den Weg, sei es durch die Gründung der bis heute existierenden Gesellschaft für Autorenrechte oder ihren unkonventionellen Lebensweg in eine professionelle Musikerinnenkarriere.

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