Passend zu unserem Titelthema hat Fotografin Miriam Lindthaler Bennet, Fiete, Filipa, Jette, Matilda, Mascha und Pia in sportlicher Kleidung beim Turnen, Tanzen, Hüpfen, Rennen, Klettern abgelichtet. Viel Zeit in Sporthallen, Schwimmbädern und auf dem Fußballplatz verbringt auch unser Autor Andreas Kuntoff, der aufgrund der sportlichen Aktivitäten seiner Kinder immer schön in Schwung bleibt, wie er uns anhand einer exemplarischen Woche im Leben der Kuntoffs zu berichten weiß ...
Montag
Eine stinknormale Schulturnhalle. Es riecht nach Matten, Staub und Schweiß, doch für meinen Sohn Ekki ist das heute der schönste Ort der Welt. Schon Tage vorher erzählt er davon: Montags geht er zum Fußball. Ekki ist vier, die Fußballregeln hat er noch nicht so ganz intus, aber wie ein Fußballer auszusehen hat, das weiß er genau. Die Trikotauswahl dauert Stunden. Bei zwei Trikots! Mannomann.
Ich versuche einer dieser lockeren Väter zu sein – es ist nicht leicht. Das Training beginnt mit einem Schlachtgesang, es gibt Gummibärchen aus einem Pokal. Das war der ruhige Teil, danach geht es rund. Es ist, als würde ein Sturm durch die Halle fegen. Die Jungs auf dem Spielfeld sind außer Rand und Band. Wie Fußball sieht es nicht aus, ist aber auch egal.
Wir Eltern sitzen am Rand und winken ängstlich, Ekkis sechsjährige Schwester Lene wartet mit mir gemeinsam, sie langweilt sich. Der Trainer heißt Norbert, ist von der gutmütigen Sorte und lässt es so laufen. Max steht im Tornetz, Rasmus schreit herum vor Vergnügen, Ekki und John streiten sich um einen der vielen Bälle. Es geht richtig zur Sache – doch der Trainer schweigt.
Muss ich jetzt einschreiten? Ich sehe unsicher zu Johns Mutter. Sie ist Amerikanerin, wirkt unglaublich tough und seit der letzten Woche weiß ich: Sie spielt besser Fußball als ich. Aber heute darf ich sitzen bleiben, ein Glück. Zum Ende wird es noch mal bunt: John stößt sich das Knie, weint aber nur ein bisschen, Max nestelt am Gurt, mit dem eine Riesenmatte an die Wand geschnallt ist. Der Gurt löst sich, die Matte fällt und begräbt mit einem Knall den Jungen unter sich. Stille.
Dann schreit Max unter der Matte, eine der Mütter rettet den Verschütteten. Die Unterlippe blutet, sonst ist nix passiert. Dann noch mal Schlachtgesang: „Wir sind die wilde Meute, der Ball ist uns‘re Beute!“ Dann ist Schluss, leider, sagen die Jungs, aber es ist ja nur eine Woche bis zum nächsten Mal. Das geht ruckzuck. Zu Hause angekommen schläft Ekki sofort auf dem Sofa ein. Das ist Glück.
Dienstag
Tanztag. Wir müssen uns beeilen, Tanzen ist am frühen Nachmittag, heute muss Ekki zugucken und wir nehmen noch Lenes Freundin Nina aus der Kita mit. Mit drei Kindern im Lastrad hetze ich durch den Nachmittagsverkehr, lege mich mit renitenten Rechtsabbiegern an, schwöre mir, in der nächsten Woche früher loszufahren.
Die Mädchen grooven sich singend auf die Tanzstunde ein. Wir sind, wie immer, knapp, aber gerade noch rechtzeitig. Schnell, schnell umgezogen, dann geht es auch schon los. Ekki und ich warten und sehen durch eine große Scheibe zu. Die Mädchen springen ausgelassen über das Parkett, es sieht ein bisschen so aus wie gestern beim Fußball, nur der Ball fehlt.
Das Warten mit Ekki ist eine Herausforderung, wie jede Woche, die Umgebung hier ist ein wenig feindlich, es gibt keine Bank zum Sitzen, auf den Hof dürfen wir nicht, das ist der Horthof einer Grundschule, für uns nur zum Durchflitzen. Ekki nörgelt, ich versuche es mit Vorlesen: Keine Chance.
Wir wissen beide was kommt. Am Ende hocken wir auf dem marmorierten Linoleum und Ekki spielt mehr oder weniger kindgerechte Spiele auf meinem Handy, ausnahmsweise, wie jede Woche. Am Ende tanzen die Mädchen in Reihe nach draußen, ein Kind darf die Gruppe anführen. Heute sind sie junge Einhörner und Lene tanzt vorne. „Vielleicht werde ich Tänzerin“, sagt sie auf dem Rückweg.
Mittwoch
Heute ist kein Sport, heute ist Wald. Die Kinder wetzen mit ihrer Kitagruppe kilometerweit durch den Forst, klettern auf Bäume, bauen Höhlen und üben Anschleichen. Ein Traum. Abends kommen sie bewaffnet mit Stöckern und wilden Geschichten zurück. Ich sehe dann verklärt auf meine eigene Kindheit. In meiner Erinnerung war ich immer nur draußen, die Eltern waren meistens irgendwo. Meine Mutter sagt, das sei Quatsch, ich war ein Stubenhocker, sagt sie. Ich glaube ihr kein Wort. Vielleicht ziehen wir doch auf’s Land.
Donnerstag
„Wir sind beim Kinderschwimmen und haben ganz viel Spaß, wir machen viele Spiele und spritzen alle nass. Fiderallala, Fiderallala…“ Heute ist Schwimmtag. Ein Dutzend Eltern, mit Shorts und Badeanzügen mehr oder weniger vorteilhaft bekleidet, stehen im brusttiefen Wasser, singen und schwenken ihre Sprösslinge im Wasser herum.
Die Kleinen jauchzen, ich versuche ein begeistertes Gesicht. Ich freue mich, wenn mein Sohn Spaß hat, klar, doch es ist unglaublich heiß, ich schwitze (Im Wasser!), so stelle ich mir Saigon im Herbst vor, nur mit weniger Chlor. Der Vater neben mir reißt einen Flachwitz nach dem andern, er ist noch so ein richtiges Original, Goldkette und alles, hussa, hussa, trallala. Hier steppt der Bär in Badeshorts.
Wir machen tatsächlich viele Spiele, wie versprochen, mein Sohn ist begeistert und ich gebe mir Mühe, wirklich. Ekkis Schwester Lene wartet am Rand, sie winkt uns zu: „Wann ist es vorbei?“ Gleich, wir singen nur noch schnell: „Alle Leute, alle Leute gehen jetzt nach Hause…“ Nocheinmal schwenke ich Ekki überschwänglich durchs Wasser, dann ist endlich Lene dran: Die Gruppe schwimmt ohne Eltern – Kurs auf’s Seepferdchen.
Währenddessen stehe ich mit Ekki unter der Dusche und versuche ihm die Haare zu waschen. Nur soviel: Es gibt Leichteres, auch hier Dschungelklima, ich habe einen hochroten Kopf, der Hussa-Vater schlurft um die Ecke, Adiletten und Vereins-Handtuch. Gleich droht wieder ein Witz, schnell weg, der Rest Shampooschaum kann drin bleiben. Jetzt noch föhnen und dann kommt schon Lene glücklich und müde aus dem Wasser.
Noch fünfmal oder so, dann habe sie das Seepferdchen, sagt ihr Schwimmlehrer. „Dann nur noch Ekki“, denke ich. Auf dem Rückweg mampfen zwei selige Kinder Laugenbrezeln. Schwimmen ist großartig. Ich strampele das Lastrad durch einen kühlen Abend und habe den Dschungel schon fast wieder vergessen.
Freitag
Freitags gehe ich laufen, früher habe ich für den Marathon trainiert, seit die Kinder da sind, bleibt nicht mehr so viel Zeit für die Midlifekrise. Ich rede mir ein, dass ich bald wieder mehr trainiere, abends, wenn die Kinder im Bett sind. Klappt aber selten.
Doch heute laufe ich fünfzehn Kilometer, locker, wie damals, in den besten Zeiten, und ich sehe auf keinen Fall so aus, wie all die Läufer, die mir entgegen kommen, never ever. Der letzte Kilometer wird gesprintet, dann noch eine paar Liegestütze und Sit-Ups, ich atme schwer. Nebenan höre ich meine Tochter: „Mama, jetzt keucht Papa wieder so.“ Meine Frau schweigt vielsagend, na toll.
Sonnabend
„Hufe klappern, Pferde traben, Springen über‘n Wassergraben, über Stock und über Stein, wer kann das wohl sein…“ Und jetzt alle! Wir singen laut den Bibi-und-Tina-Song, ich singe nasal wie der Holger im Kinofilm, meine Tochter regt das auf. Wir fahren zum Reiterhof. Islandpferde grasen im Sonnenlicht.
Das Pferd von Lene heißt Grana und ist so um die dreißig Jahre alt. Die Pferdeleckerli müssen immer ganz klein geschnitten werden, Grana kann nicht mehr so gut beißen, dafür ist sie das ideale Anfängerpferd. Die Stimmung auf dem Hof ist eher cool, es ist staubig wie in einem Sergio-Leone-Western, die Reitlehrerin heißt Martina und macht nicht viele Worte. Meine Tochter will auch Reitlehrerin werden. Auf dem Rückweg fragt sie, wie jede Woche: „Papa, wann habe ich ein eigenes Pferd?“ „Wenn du groß bist, vielleicht.“
Sonntag
Es ist früher Sonntagvormittag, ein Fußballplatz im Nowhere. Mein Sohn Ekki hatte sich gewünscht, bei einem Fußballspiel zuzusehen. Der Nachbarsjunge Paul hat sein erstes Auswärtsspiel, da sind wir kurzerhand mitgefahren. Trotz des frühen Morgens ist schon ordentlich Emotion am Start, aber mehr am Rand als auf dem Spielfeld.
Eine Mutter läuft wild gestikulierend auf und ab: „Nach links Adrian, weiter, weiter, schieß Adrian!“ Der arme Adrian dreht sich nach jedem Schuss zur Mama um: „Alles richtig gemacht?“ Frei spielen geht anders.
Gegen zehn verkrümeln sich zwei Väter mal kurz und kommen wenig später mit Bierfahne und noch besserer Laune zurück. „Jetzt geht’s lo-hos“, grölen die beiden, dann wird der Schiedsrichter ein kleines bisschen beschimpft, es gibt böse Blicke.
Den Jungs auf dem Feld sind ihre Väter peinlich. Eine Runde Fremdschämen, dann ist das erste Spiel vorbei. Es gibt wWurst und Kuchen. Pauls Mannschaft gewinnt am Ende knapp, wir fahren gutgelaunt zurück. Ekki will jetzt auch bald immer Turniere spielen, mit Pokal und allem. Mich gruselt es ein wenig bei der Vorstellung. Wie sollen wir das auch noch hinkriegen? Und die Reiterei? Vielleicht ziehen wir doch auf’s Land.
Fotos: Miriam Lindthaler | Styling: Diana Danquah, Liganord
Haare & Make Up: Rebecca Herrmann, Liganord | Text: Andreas Kuntoff
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Von links nach rechts: Jette, 7 Jahre: Rock und Leggings von American Apparel, Shirt von Petit Bateau, Gürtel privat. Bennet, 8 Jahre: Jogging-hose von Fruit of the Loom, T-Shirt privat, Schuhe von Nike.
Pia, 7 Jahre: Rock von Marc O‘Polo, Unterhemd von American Apparel, Schuhe von Converse. Mascha, 7 Jahre: Pullovervon Marc O‘Polo, Rock von C&A, Leggings von Noa Noa. Fiete, 6 Jahre: T-Shirt privat, Hose von Zara, Schuhe von Nike.
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Jette tanzt für ihr Leben gerne. Gymnastikanzug von Move Dancewear, Tüllrock von Zarah, Strumpfhose von Falke. Matilda, 5 Jahre, fährt mit Vorliebe Inliner: Gymnastikanzug von Move Dancewear, Strumpfhose von Falke. Filipa, 5 Jahre, klettert in die höchsten Bäume und rutscht so schnell wie der Wind: Jacke von H&M.
Bild 3
Pia würde gerne eine Kampfsportart erlernen. Wie Bruce Lee. Aber das soll dann nicht jungshaft aussehen: Strickjacke von Noa Noa, Unterhemd und Leggings von American Apparel, Rock von Zara, Socken von H&M, Schuhe von Converse.
Bild 5
Pia: Hosenrock von Zara, Shirt + Jacke von Marc O‘Polo, Socken von H&M, Schuhe von Converse. Mascha liebt Ballet: Kleid von Marc O‘Polo, Leggings von Zara, Schuhe von Converse. Bennett turnt gerne und kann super Flugrollen und Saltos: Pullover von American Apparel, Hose von Fruit of the Loom, Schuhe von Nike, Stirnband privat.
Bild 6
Pia: Unterhemd von American Apparel. Bennet: Jacke privat.
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Fiete, 6 Jahre, kann super Fußball spielen: Shirt privat, Hose von Zara, Schuhe von Converse.