Zum 30. Mal jährt sich am 9. November der Mauerfall. 30 Jahre wiedervereintes Deutschland, das bedeutet für Kinder von heute, dass sie sich kaum vorstellen können, dass tatsächlich mal eine Grenze quer durch die Hauptstadt und die Republik gezogen und scharf bewacht war.
Die jüngere deutsche Geschichte im Kinderbuch – eindrücklicher als die meisten Sachbücher sind Geschichten, die vom Kinderleben im Schatten der Mauer erzählen.
Heranwachsen mit Verlusten
Matthias Friedrich Mücke: Niemandsland: Erinnerungen an eine Kindheit, ab 10 Jahren, gebunden, 208 Seiten, Kunstanstifter Verlag, 09/2019, 24 Euro
In einem autoritären Staat aufzuwachsen, fällt unangepassten Charakteren schwerer als anderen. Der Erzähler bleibt zwar namenlos, man darf ihn aber als Alter Ego des Autoren verstehen, von dem auch die stimmungsvollen und detailreichen Illustrationen stammen.
Schon im Kinderwagen werden er und sein Freund Frank zusammengelegt, bleiben von da an unzertrennlich und durchleben alle Irrungen und Wirrungen einer Ostberliner Kindheit und Jugend gemeinsam, bis sie in eine gefährliche Situation zuviel geraten.
Als die Mauer fiel
Mawil: Kinderland. Eine Kindheit im Schatten der Mauer, ab 10 Jahren, Taschenbuch, 296 Seiten, Reprodukt, 02/2019, 9,95 Euro
Markus „Mawil“ Witzelt hat mit seiner autobiographischen Graphic Novel zu Recht Preise eingeheimst. Nun ist das ursprünglich 2014 erschienene Werk auch als Taschenbuch zu haben. Und der Tipp, um Comic-affinen Kindern die Alltagsgeschichte der DDR nahe zu bringen.
So unterhaltsam Mawils Figuren sind, so lässig er von seiner Ostberliner Kindheit und den Schwierigkeiten erzählt, das Buch zeichnet sich durch eine ungemeine Detailtreue aus und hat so einen dokumentarischen Wert.
Tunnelbauer
Dirk Kummer: Alles nur aus Zuckersand, ab 10 Jahren, gebunden, 144 Seiten, Carlsen, 08/2019, 12 Euro
Regisseur und Autor Dirk Kummer ist selbst in der DDR aufgewachsen, sein Film „Zuckersand“ gewann 2018 den Grimme-Preis. Diese Freundschaftsgeschichte erzählt nun ebenso gefühlvoll dieses Buch, das auch in seiner von Charly Hübner gelesenen Hörbuchversion eine echte Empfehlung ist.
Die beiden besten Freunde Fred und Jonas wachsen in Ost-Berlin nahe der Grenze auf. Als Jonas‘ Mutter einen Ausreiseantrag aus der DDR stellt, unterbinden Freds linientreue Eltern den Kontakt. So dürfen sich die Jungs nur noch heimlich treffen und schmieden einen folgenreichen Plan.
Das Meerschweinchen macht rüber
Katja Ludwig/Uwe Heidschötter: Das Mauerschweinchen. Arons Geschichte , ab 9 Jahren, gebunden, 216 Seiten, cbj, 02/2019, 13 Euro
Perspektivwechsel tun gut. Auch dieser Wendegeschichte, die man von vorne und von hinten, aus Sicht des Ostberliners Aron und aus Sicht der Westberlinerin Nora lesen kann.
Berlin 1980er-Jahre: Beide Kinder wohnen in Sichtweite des Grenzstreifens, Nora in der Wolliner Straße 45 und Aronin in der Nummer 54. Der Junge, der bei seiner Oma lebt, ist ein begeisterter Tüftler, der am liebsten Flugobjekte baut. Ein solches nutzt er auch, um das Meerschweinchen Bommel über die Mauer zu schicken, wo es bei Nora landet.