Anlässlich des Kinostarts von "Die Abenteuer des Huck Finn" haben wir August Diehl zum Interview getroffen und uns mit ihm über störrische Esel, sein gruseliges Aussehen als Alter Finn und darüber unterhalten, welche Kinderbücher er gerne verfilmen würde.
Wir mögen August Diehl als Schauspieler sehr und so haben wir uns gefreut, dass wir anlässlich der zweiten Verfilmung der Abenteuer von Tom Sawyer und Huckleberry Finn den Darsteller des Alten Finns zum Interview treffen konnten. „Die Abenteuer des Huck Finn“ kommt am 20. Dezember 2012 ins Kino
Was hat dich an dem Drehbuch so interessiert, dass du dich entschieden hast, bei dem Film mitzuspielen?
Ach, erstens ist es eine Geschichte, die ich schon sehr lange kenne. Als Kind habe ich das ja auch gelesen, Tom Sawyer und Huckleberry Finn. Und dann ist einfach verlockend, auch mal bei so einem Film mitzuspielen. Ich fand die Rolle toll.
Es ist die einzige Möglichkeit, wie man in Deutschland auch mal eine Art Western machen kann. Vieles kam da zusammen. Ich mochte auch die Arbeit mit Hermine sehr und mit den Kollegen, mit Milan Peschel und Henry Hübchen.
Also war die Chemie auch am Set gut?
Ja, es war gut, war lustig. Das war echt eine schöne Zeit!
Und es war tatsächlich der erste Kinderfilm, den du gedreht hast?
Ja.
Und wie war es, speziell mit Kindern zu spielen? War das anstrengender oder spaßiger?
Na ja, ich habe ja mit Leon Seidel (Anm. d. Red.: Darsteller Huck Finn) nur sehr wenige gemeinsame Szenen. Nur am Anfang und dann zum Schluss. Insofern hatte ich den ganzen Film so wie bei anderen Filmen eher mit erwachsenen Kollegen zu tun.
Aber mit Leon Seidel …
…hatte ich auch so ein, zwei Szenen. Und ja, das war schön, das hat Spaß gemacht.
Hat dir das Buch geholfen? Hast du es mal zur Hand genommen?
Nein, das mache ich nicht. Wenn so ein Film gedreht wird, dann ist da nur das Drehbuch. Außerdem ist die Rolle von Huck Finns Vater in dem Roman eine sehr kleine, nur über ein paar Seiten wird er beschrieben. Ich habe jetzt nicht noch mal den ganzen Roman deswegen gelesen.
Wie war es, einen Bösewicht zu spielen? Du hast ja schon vorher Bösewichte gespielt, aber jemanden, der einem Kind was Böses antut, war das schwierig? Vor allem, da du ja selber Vater bist?
Nein überhaupt nicht. Ich bin ja Schauspieler. Außerdem macht es ja wahnsinnig Spaß, böse Rollen zu spielen. Es macht ja auch Spaß, böse Rollen zu gucken, wenn sie gut sind. Also mir hat das immer Spaß gemacht und ich denke in dem Moment nicht daran, dass ich Kinder habe. Ich bin einfach am Set und spiele.
Was glaubst du, hat Hucks Vater erlebt, dass er so geworden ist?
Er ist so ein typischer Outlaw aus der Zeit, der eigentlich gestrandet ist. Wahrscheinlich war er sogar mal jemand, der Geld hatte und dann vielleicht abgezockt worden ist und Trinker wurde. Und dann einfach ein schlechter Mensch durch die Umstände geworden ist.
Vielleicht ist er gar nicht so ein schlechter Mensch. Vielleicht ist er irgendwo tief drin jemand, der im Laufe der Geschichte rauskriegt, dass er einen Sohn hat und sehr stolz ist auf ihn. Aber er ist natürlich nicht ein richtiger Papa und hat das auch nie gelernt.
Mir kam das im Film am Ende so vor, als ob er nur so tut, als hätte er was daraus gelernt, zum Beispiel als er sagt, „Komm! Ich lass dich dann auch in Ruhe. Ich weiß ich bin kein guter Vater.“…
Na ja, ganz zum Schluss ist es schon so, dass er nicht will, dass Huck erschossen wird und die letzten Sätze sind stolze Sätze über seinen Sohn. So geht er aus dem Film raus. Einer der letzten Sätze ist: „Das ist mein Huck. Das isser!“
Aber es ist ja schon so, dass beide nicht zusammen kommen können.
Das geht ja auch nicht. Nein.
Was ist das Zeug, was du im Film die ganze Zeit ausspuckst?
Kautabak! Die haben ja damals alle Kautabak gekaut.
Schmeckt das?
Ja, das ist wie so eine Art Kaugummi.
Du spielst ja oft in Filmen mit, die schwierige Problematiken behandeln. War es befreiend, mal in einem Film mitzuspielen, in dem es nicht so ernst zugeht?
Wieso? Es geht ja auch ernst zu. Ich sehe da keinen Unterschied zu den anderen Filmen. Es ist genauso ernst und lustig wie die anderen. Es ist ja auch genauso existenziell. Er sucht da seinen Sohn und braucht unbedingt Geld und ist ein Säufer. Und das ist schon eine echte Problematik so. Es ist nur in einem anderen Rahmen. Aber für den Rahmen bin ich nicht zuständig. Sondern ich spiele einfach eine Rolle.
Also wäre es jetzt eine Figur in einem anderen Film, der kein Kinderfilm ist, hätte ich ihn genauso gespielt. Ich hätte ihn nicht anders gespielt, nur weil es ein Kinderfilm ist. Deshalb sehe ich da auch keinen Unterschied.
Wenn er dir jetzt gegenüber stehen würde, dein Charakter, was würdest du ihm für einen Rat geben?
Also, ich würde ihm den Rat geben, dass wenn er zu den Zielen kommen will, zu denen er kommen will, dass er vielleicht ein bisschen was an seinem Äußeren machen sollte. (lacht)
Wie schaffst du es, Familie und Beruf gut unter einen Hut zu kriegen?
Also, ob ich es gut unter einen Hut kriege, dass weiß ich nicht, aber ich versuche mein Bestes.
Hast du deine Tochter zum Beispiel mit ans Set genommen?
Nein. Nach Rumänien?! Obwohl, ja doch, in Brandenburg waren wir auch ein bisschen, aber da war sie nicht dabei. Da war sie auch noch sehr klein.
Ist das so, wenn du drehst, dass du danach einfach nach Hause kommst und abschalten kannst? Und speziell nach so einer extremen Rolle ein liebevoller Familienvater sein kannst?
Na ja, da war das eigentlich… Ich war ja immer weg. Ich war in Rumänien oder in Köln im Studio. Da bin ich nicht nach Hause gefahren, da fahre ich ins Hotel und schlafe, und am nächsten Morgen drehe ich wieder.
Und bei Filmen, bei denen du hier in der Nähe bist?
Sehr selten, ich habe kaum einen Film hier gemacht… Inglourious Basterds war hier, das stimmt.
Also es geht schon irgendwie. Man geht dann nach Hause. Es geht ja gleich wieder los. Man wird um 6 Uhr schon wieder abgeholt. Man geht eigentlich ins Bett und da ist nicht groß Familienleben.
Welche Szene hat dir bei Huck Finn am meisten Spaß gemacht?
Eigentlich alle Szenen mit Milan und Henry, die haben mir sehr großen Spaß gemacht. (lacht) Und auch mit Andreas Schmidt. Zusammen mit den Jungs, das fand ich sehr lustig. Aber ich weiß jetzt nicht mehr genau eine spezielle Szene.
Blöd waren die Szenen mit dem Esel, den man nicht reiten konnte. Vor allem haben die dort ihre Tiere so schlecht behandelt. Da kommt einem echt die Kotze hoch. Die lassen dann den Esel vier Tage in einem kleinen Anhängewagen stehen und vergessen den mal schön. Der ist da halb verhungert, das war echt heftig.
Dann ist das ja auch kein Wunder, dass er sich dann nicht reiten lässt.
Nee klar. Würde ich auch nicht. Vor allem, wenn ein Esel mal steht, dann steht der. Den kriegt da kein Traktor weg. Der steht dann einfach. (lacht)
Eben stur wie ein Esel. Wie lange musstest du denn in der Maske sitzen, damit du so gruselig aussiehst?
Anderthalb Stunden waren das, glaube ich, immer. Das Anstrengendste waren vor allem diese zwei verschieden hohen Schuhe, die ich dann irgendwann einfach immer ausziehen musste, weil man echt Hüftschmerzen davon kriegt. Der hinkt ja. Das war so gemacht, dass der eine Schuh einfach höher war als der andere, damit das Hinken gut klappt.
Wenn du wieder für eine Kinderbuchverfilmung angefragt werden würdest, welches wäre dir da am liebsten?
Wenn man Kinderbücher sehr gerne hat, dann tut einem das immer sehr weh, wenn das nicht so verfilmt wird, wie man es sich vorstellt. Da ist man komischerweise kritischer als mit anderen Büchern, die man so kennt. Also ich hätte wahnsinnig gerne zum Beispiel „Krabat“ gemacht. Weil das ein großes Lieblingsbuch von mir war. Aber die Verfilmung ist eben auch komplett anders als das Buch.
Was ja komischerweise noch nie verfilmt wurde, ist „Jim Knopf“. Also mit der wilden 13 und Piraten und allem. Für so einen Film bräuchte man 20 Millionen Euro oder so. Da wär ich gern dabei. Aber ich weiß gar nicht als was. Auf lange Maskenzeiten als Drache Mahlzahn habe ich nicht so Lust. (lacht) Es sind ja sehr, sehr viele Rollen dabei.
Ich weiß nicht, warum manche Sachen nie verfilmt wurden, das hängt ja sicher mit den Leuten zusammen, die das geschrieben haben.
Zum Beispiel „Die Brüder Löwenherz“ von Astrid Lindgren, das wäre auch ein toller Film. Allerdings ist das sicher schwierig, weil der Film ja quasi anfängt mit einem Todessprung. Also der wäre sehr unheimlich, dieser Film. Aber das Buch ist auch sehr unheimlich. Ich hab auch mal gehört, dass Astrid Lindgren dafür auch sehr angegriffen wurde.
Ach tatsächlich?
Ja. Aber das endet ja dann auch damit, dass er in diesem Land nochmal irgendwo runterspringt. So quasi in die nächste Dimension. Dass der Tod immer die Erlösung ist, wie bei einem Traum in einen anderen Traum zu kommen. Mir hat das gefallen, ich fand das lustig.
Dann gibt es einen ganz tollen Jugendroman, der ist leider auch noch nicht so richtig bekannt. Großer-Tiger und Christian von Fritz Mühlenweg.
Worum geht’s da?
Es ist eigentlich sehr aktuell. Es geht um die Freundschaft eines in China aufgewachsenen deutschen Jungen mit einem jungen chinesischen Jungen. Zu der Zeit von Mao. Und die lassen da einen Drachen steigen vor Peking, vor der Mauer, und werden aber ab dann auf eine geheime Mission durch die ganze Wüste Gobi geschickt. Und da gibt’s herrliche Gestalten. Also das ist ein ganz toller Abenteuer-Roman. Ein super Buch! Das wäre ein super Film.
In all den Büchern weiß ich jetzt nicht, welche Rolle ich spielen sollte. Aber wenn man mich fragt, welche Kinderbücher toll zu verfilmen wären, also „Brüder Löwenherz“… das wäre echt gut.
Aber das Ding ist, ich glaube fast, dass ein gutes Kinderbuch richtig gut zu verfilmen einfach teurer ist als ein normaler Film in unserer Welt, in unserer Gegenwart.
Und warum?
Na ja, wenn man sich vorstellt… Also „Brüder Löwenherz“ zum Beispiel mit diesen Burgen und Rittern und dieser Landschaft, die es nicht mehr gibt. Das muss man ja auch erst mal alles finden. Das wäre eine Wahnsinns-Ausstattung, ein unglaublicher Aufwand. Wenn es gut sein soll. Wo dreht man das? Wahrscheinlich in Wales oder England. Das wird alles kompliziert. Ich finde ja, das muss gerade bei Kinderbüchern, wirklich teuer und gut gemacht sein.
Das ist bei Huck Finn ja auf jeden Fall gut gelungen.
Danke für das Gespräch!
Interview: Laura Goede und Antje Kölling