Den Sommer kann man hier ebenso herrlich verlängern wie dem Winter im Frühjahr entfliehen. Travelexpertin Britta Smyrak schwärmt von der Magie dieses Ortes, den sie und ihre Tochter seit Jahren ins Herz geschlossen haben ...
Ich werde es nie vergessen. Nach knapp drei Stunden Autofahrt ab Lissabon waren wir fast am Ziel, die letzten Kilometer führten am Meer entlang, die Stimmung war gut und dann sagte das Navi plötzlich: „An der nächsten Kreuzung links abbiegen.“
NEIN! Ich war entschieden dagegen. Abbiegen hieß weg vom Meer und ich merkte, wie sich alles in mir dagegen sträubte. Die Straße wurde nach kurzer Zeit zu einer Schotterpiste, die sich gefühlt ewig hinzog und in meinem Kopf poppte mit jedem Meter, den wir weiter fuhren der Gedanke auf „Was soll ich hier?“, gefolgt von „Ich will ans Meer!“.
Meine Laune sank in den Keller und ich war blind für die Schönheit und die Magie dieses Ortes.
Das Highlight des Jahres
Und heute? Die zwei Wochen in Reguengo sind für uns das Highlight des Jahres. Der Grund dafür ist ganz simpel: die Menschen. Zugegeben, das hört sich nicht besonders originell an, ist aber so.
Da sind als Erstes die Gastgeber:innen, eine Gruppe von sieben Deutschen, die vor 20 Jahren beschlossen haben, einen Ort zu finden, an dem sie zusammenleben und alt werden wollen, und dieses Zuhause auch für Gäste zu öffnen.
Thomas, Kali, Margit und Tarischa sind fast immer vor Ort und sorgen dafür, dass sich alle willkommen fühlen.
Das Zweite sind die anderen Gäste und das ist ungewöhnlich, denn es passiert mir nicht oft, dass ich auf wildfremde Menschen treffe und schon nach kurzer Zeit das Gefühl habe, das könnten Freund:innen werden, mit denen ich gerne meine Zeit verbringe möchte, zu denen ich mich freiwillig an den Tisch setze und über die ich mich freue, wenn ich sie am Strand wiedertreffe.
Und das Dritte sind die Angestellten, die portugiesischen Frauen, die unter Margits Leitung die Küche managen und am portugiesischen Abend grillen, was das Zeug hält.
Das ist Micki, der jeden Morgen eine Yogastunde gibt und einmal die Woche kocht, oder Karel, der aussieht wie der kleine Bruder von Otto Walkes und mindestens genauso lustig ist.
Er und seine Frau Rada sind Tschech:innen, die es nach Portugal verschlagen hat und weil beide große Indienfans sind, laden sie am Restauranttag zu sich auf den Berg und spielen indische Musik. Und das ist genauso verrückt, wie es sich anhört. Ein einmaliges Erlebnis!
Ein Paradies für Kinder
Da es viele Stammgäste gibt, kennt unsere Tochter Lilia die meisten Kinder bereits und fühlt sich von der ersten Sekunde an sauwohl. Morgens um 08:00 Uhr fällt sie aus dem Bett und verschwindet zum Frühstück. Ohne Eltern versteht sich!
Das ist viel cooler. Oder sie steht freiwillig schon um 07:00 Uhr auf, um sich um die Tiere zu kümmern. Das habe ich ja bis jetzt verschwiegen. In Reguengo gibt es Pferde, Ziegen, Hühner, Katzen, Schweine und seit diesem Jahr auch wieder einen Hund. Und alle wollen morgens gefüttert werden.
Von ca. 09:00 bis 12:00 Uhr gibt es von März bis Anfang November jeden Tag, außer am Samstag, eine Kinderbetreuung ab drei Jahren und zweimal in der Woche wird auch abends betreut.
Es ist kein künstliches Animationsprogramm, sondern alles ganz entspannt und die Gruppe entscheidet mit, was gemacht werden soll. In diesem Jahr war es besonders gelungen und man sah eine Gruppe von Vier-18-Jährigen durch das weitläufige Gelände ziehen und es fühlte sich an wie Bullerbü im Süden.
Ein Pferd, ein Pferd, ein Königreich für ein Pferd!
Wo Pferde stehen, da kann man auch reiten. Und das Reguengo hat das Glück mit Gilles einen erfahrenen Pferdemann zu haben. Dreimal die Woche vormittags gibt er in seinem Singsang aus Holländisch und Deutsch richtig guten Unterricht.
Geduldig und mit Humor lernen Erwachsene und Kinder, von Anfänger:innen bis zu Fortgeschrittenen das Reiten und den respektvollen Umgang mit den Pferden. Wir haben dieses Jahr einen Ausritt gemacht und es war toll!
Wandern, Surfen, Yoga, Meditation, Massage, habe ich was vergessen? Ach ja, das Meer.
Wer nicht reiten möchte, der kann morgens mit Micki Yoga praktizieren und meditieren, mit Kali den Silent Walk ausprobieren, sich massieren lassen oder mit Thomas wandern und natürlich ans Meer fahren zum Baden und Surfen.
Schöne Strände in der Nähe gibt es genug und in der Nebensaison sind sie ziemlich leer. Im Reguengo gibt es für jeden Gast eine Karte mit allen Stränden bis runter zur Südalgarve inklusive Restauranttipps. Es wird also nie langweilig.
Wer mit seinem Kind surfen geht, der sollte vorher in der Surfschule fragen, ob kleinere Boards vorhanden sind und ein passender Neoprenanzug. Für Lilia gab es im letzten Jahr nur einen Shorty und das wurde leider schnell zu kalt. Bei der Organisation von Surfkursen helfen die Kinderbetreuer:innen vom Reguengo.
Wer viel tut, hat viel Hunger
Und das Faszinierende ist, wer nichts tut, auch. Denn neben den vielen Möglichkeiten, die man hat, ist es auch sehr verlockend, einfach im Liegestuhl auf der Terrasse zu bleiben und endlich mal wieder ein Buch zu lesen.
Der Hunger kommt von ganz alleine und da trifft es sich gut, dass das Essen in Reguengo sehr, sehr lecker und vegetarisch ist. Zum Frühstück von ca. 08:00 bis 11:00 Uhr gibt es ein Buffet mit selbst gebackenem Brot und Lebensmitteln aus der Umgebung.
Lauschige Plätzchen zum Hinsetzen gibt es genug, falls es mal nicht die lange Tafel sein soll und man seine Ruhe haben möchte.
Das Reguengo bietet eine Halbpension und nach Bedarf kann man sein Mittagessen dazu buchen, wenn man es doch nicht so schnell zum Strand schafft. Abends wird vegetarisch gekocht, außer am Portugiesentag, da gibt es dann Fleisch und Fisch.
Wenn der Gong ruft, eilt alles herbei und nicht selten bleiben wir etwas länger sitzen, weil es einfach so nett ist und der Vino Verde so gut.
Raus hier!
Schon nach kurzer Zeit merken wir, dass wir totale Gewohnheitstiere sind und eigentlich jeder Tag wie der andere sein könnte.
Damit wir aber nicht nach Hause fahren und nix von der Umgebung gesehen haben, schickt das Reguengo seine Gäste zweimal die Woche weg, und zwar mit einem gut gefüllten Picknickkorb am Picknicktag und am Restauranttag zu einem Restaurant.
Das ist dann der Tag, an dem fast alle zu Karel auf den Berg fahren und sich von ihm und seiner Frau bekochen lassen.
Nie mehr woanders hin!
Das Landhaus Reguengo ist für mich das perfekte Familienhotel in Portugal. Nicht zu groß und nicht zu klein liegt es auf einem riesigen Grundstück und hat 15 Zimmer in verschiedenen Größen, individuell eingerichtet, die sich auf verschiedene Gebäude verteilen.
Es gibt Doppelzimmer, Dreibettzimmer und große Einheiten mit zwei Schlafzimmern und einer Belegung von max. sechs Personen. Für Familien mit größeren Kindern können Zimmer nebeneinander gebucht werden, allerdings ohne Verbindungstür.
Noch ein Hinweis: Es gibt nicht immer Handyempfang und WLAN schon gar nicht, also wirklich Urlaub machen.
Unser Zimmer ist seit zwei Jahren das Badewannenzimmer mit drei Betten in einem Raum, Terrasse und Aussicht in den Garten. Und damit es beim Abschied keine Tränen gibt, müssen wir Lilia hoch und heilig versprechen müssen, dass wir wiederkommen.
Aber wir wollen es ja auch und so ertappen wir uns seit drei Jahren dabei, wie wir am Tag der Abreise gleich für das nächste Jahr buchen. Das hätte ich früher für oberspießig gehalten, jetzt sehe ich das ganz pragmatisch.
Der Weg ins Glück
Nach Portugal fliegt man entweder bis nach Lissabon oder Faro und fährt dann mit dem Mietwagen weiter. Vor Ort benötigt man ein Auto, sonst kommt man nicht ans Meer.
Das Reguengo vermietet auch ein kleines Apartment in der Alfama von Lissabon, falls man wie wir noch ein paar Tage Lissabon dranhängen möchte.
Adresse
Reguengo liegt in einem Tal des Monchique-Gebirges, ca. 15 Kilometer vom Atlantik entfernt. Die nächste Ortschaft ist Odeceixe. Ich gebe mal eine Wegbeschreibung:
Vom Flughafen aus Richtung Portimao/Lagos/Lisboa
· Auf der Autobahn immer Richtung Lagos
· Letzte Ausfahrt Aljezur/Sines/N120
· In Aljezur weiter nach Lisboa, Rogil und Maria Vinagre
· Am Ortsausgang von Maria Vinagre rechts abbiegen nach Zambujeira de Baixo (auf der linken Seite ist eine Telefonzelle)
· Bei der nächsten Kreuzung links abbiegen (Bushäuschen). Von hier sind es noch 9 km (fühlt sich länger an!!!)
· Im Tal ist die Strasse nur noch geschottert
· Auf dieser Strasse bleiben bis zum Schild “Reguengo”.
· Hier links abbiegen und über die Holzbrücke fahren.
(Wer seine Kinder beeindrucken will fährt je nach Wasserstand durch den Fluß. Lilia war beeindruckt!)
GPS: 37°23’54.51″N 8°41’26.93″W
Landhaus Reguengo, reguengo.com
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