Was steckt eigentlich alles in den Lotionen, Shampoos und Deos, die wir tagtäglich an unsere Haut lassen? Ein Blick auf die lange Liste der Inhaltsstoffe, bringt oft wenig Erkenntnis, wenn man nicht gerade Chemiker:in ist. Für alle Pflegeprodukte gibt es eigentlich ein simples Rezept, sagen die beiden Gründerinnen von hello simple, Jacqueline Gey und Lisa Mair, und bieten deshalb DIY-Sets an.
„Internationale Nomenklatur für kosmetische Inhaltsstoffe“, kurz INCI, nennt sich die Richtlinie, die vorgibt, wie und welche Inhaltsstoffe auf Kosmetikprodukten gelistet werden müssen. Aus Latein und Englisch setzen sich die Begriffe zusammen, für die Verbraucher:innen ist oft kaum zu durchschauen, was sich dahinter verbirgt.
„Abgesehen von den Begriffen, sind die Zutatenlisten auch bei Bio-Produkten häufig sehr lang, was uns immer wieder abgeschreckt hat beim Einkaufen“, sagt Lisa. Die 30-Jährige hat unter anderem Nachhaltiges Wirtschaften studiert und lernte im Praktikum bei der Gesellschaft für Nachhaltigkeit Jacqueline kennen: „Beim Kochen achten viele schon länger darauf, welche Zutaten sie verwenden und wo sie herkommen, aber im Kosmetikbereich machen das noch die wenigsten. Dabei ist die Haut unser größtes Organ und wir beschmieren es täglich mit Stoffen, die es verkleben und schädlich sind“, sagt die gebürtige Chemnitzerin.
Privat fingen die beiden Kolleginnen an, die Produkte selber zu machen und stießen dabei auf erste Probleme. Vor allem sei es schwierig gewesen, Zutaten zum Beispiel für das Selfmade-Deo zu bekommen, die auch wirklich keine schädlichen Stoffe, wie Erdöl, synthetische Konservierungs- oder Farbstoffe, enthalten. Es bedurfte langer Recherche, um da sicherzugehen.
„Wir dachten, die Zutaten zu bekommen müsste einfacher sein, damit die Leute das auch selbst machen wollen und sie dann auch genau wissen, was sie auf ihre Haut lassen“, sagt Jacqueline, die unter anderem in der Unternehmungsberatung für nachhaltige Startups gearbeitet hat.
Die Gründung von hello simple Ende 2016 war die logische Konsequenz. Unterstützung bekamen die Freundinnen von Coaches an der Uni, tauschten Erfahrungen aus bei Startup-Kontaktabenden und erhielten das Startup Stipendium in Berlin. „Gestartet haben wir mit drei DIY-Sets: der Deocreme, der Bodybutter und dem Waschmittel“, erklärt Lisa.
Doch die Vision der beiden ist größer: „Wir wollen gerne für alle alltäglichen Drogerieprodukte eine Do-it-Yourself-Lösung entwickeln.“ Das bedarf Zeit, denn die beiden testen ihre Rezepte in der Regel monatelang an sich selbst, auch Freund:innen und die Familie sind willkommene Testpersonen.
Das Ganze funktioniert so: Im Internet und teilweise auch schon im stationären Handel kann das DIY-Paket inklusive Rezept für ein Produkt erworben werden. Dabei hat man zum Teil Wahlmöglichkeiten, kann für sein Waschmittel beispielsweise aus verschiedenen Seifen wählen oder aber die Duftstoffe abbestellen, wenn es für ein Baby sein soll. Das DIY-Waschmittel von hello simple haben wir bereits getestet: Zum Testbericht
Wer noch Hilfe braucht, kann sich manche Anleitung schon als Video auf der Facebook-Seite von hello simple anschauen. „Die selbst hergestellten Kosmetika reichen für einen sehr langen Zeitraum, das Deo zum Beispiel für circa sechs Monate, bei manchen sogar länger. Haltbar sind unsere Produkte auch ohne Konservierungsstoffe bis zu einem Jahr“, sagt Jacqueline. „In Anbetracht dessen relativiert sich der Preis sehr schnell wieder, da unsere Kosmetika viel ergiebiger sind, als die Drogerieprodukte. Und gesund sind sie auch“, so die Gründerin.
Auch die Öko-Bilanz hat das Startup immer im Blick. Die Verpackungen kommen aus Deutschland und abgepackt wird in Berlin. Für die Inhaltsstoffe arbeitet hello simple mit hiesigen Bio-Lieferanten zusammen, die dann in den Ländern bestellen, wo die Zutaten angebaut werden. „Uns wäre es am liebsten, wir könnten alles regional beziehen, aber das ist schwierig, da es bisher keine bessere Alternative zum Beispiel für Kokosöl als Basis gibt“, sagt Wirtschaftsingenieurin Jacqueline.
Im Juli erwartet sie ihr erstes Baby und kann nachvollziehen, dass das Elternwerden für viele noch mal einen neuen Anreiz gibt, mehr auf das zu achten, was man selbst oder die Kinder essen und auch was man tagtäglich an die Haut lässt. Wenn man die Produkte zu Hause selbst herstellt, weiß man darüber auch Bescheid, sagt Lisa: „Auch wenn man auf die Siegel achtet, ist bei Pflegeprodukten aus der Drogerie oft Alkohol enthalten oder Duftstoffe, auf die besonders Babys allergisch sein können.“
„Wir wollen zeigen, dass man so viel eigentlich gar nicht braucht, um in Sachen Kosmetik und Pflege nachhaltig und gesund zu leben. Seit wir gegründet haben, gehen wir kaum noch in die Drogerie“, sagt Jacqueline. Für vieles haben sie auch privat längst Alternativen parat, wie langlebige Seife zum Duschen oder Menstruationscups. So spart man gleich auch die Verpackungen.
„Nicht abhängig sein von Großkonzernen, die einem Produkte vorsetzen, die eigentlich gar nicht so toll und oft ungesund sind, das wollen wir ermöglichen“, sagt Lisa. Seit März haben die beiden Teamverstärkung bekommen und es wird weiterhin Power in die Idee gesteckt, wie „einfach“, „gesund“ und „nachhaltig“ seinen Weg in die Badezimmer finden kann.