Allen Protesten zum Trotz hat der Berliner Senat Haushaltskürzungen beschlossen, die besonders hart diejenigen treffen, die sich für Kinder und Jugendliche in dieser Stadt engagieren. Wir als Familienstadtmagazin, das eng mit den Berliner Kinderkulturschaffenden zusammenarbeitet, und als Eltern von Kindern, die hier aufwachsen, sind bestürzt über die Kurzsichtigkeit der Sparpläne und stellen uns hinter die Forderungen nach deren Korrektur.
Wertvoll statt teuer
Wir haben es in der frisch erschienenen Ausgabe unseres Familien-Freizeit-Guides BERLIN MIT KIND 2025 noch als herausragendes Beispiel für kulturelle Teilhabe angeführt, doch auch das erfolgreiche Projekt „Eintrittsfreier Museumssonntag“ wird 2025 gestrichen, am 01. Dezember 2024 findet er voraussichtlich zum letzten Mal statt.
Was die Kürzungen jeweils bedeuten, könnt ihr in zahlreichen Stellungnahmen der Kulturschaffenden, auf der Aktionsplattform „Berlin ist Kultur“ und der Petition „Berliner Kultur in der Haushaltskrise schützen“ nachlesen, wir können hier nur eine kleine Auswahl nennen.
Bleibt es bei den Plänen, werden unsere Partner:innen im Kulturbereich wie ATZE Musiktheater, FELD Theater für junges Publikum, Grips Theater, TanzZeit Berlin, Schaubude Berlin, Theater an der Parkaue bis zum Werkbundarchiv – Museum der Dinge ihr Programm für Kinder, Jugendliche und Familien stark einschränken oder streichen müssen.
Die beschlossenen Kürzungen torpedieren alles, was in Sonntagsreden immer so gerne von sich gegeben wird.
Kinder sind unsere Zukunft?
Die Lippenbekenntnisse, dass Kinder unsere Zukunft und das Wichtigste seien, konnten viele Familien schon während und nach der Pandemie nicht mehr hören, als die Belange von Kindern und Jugendlichen sträflich vernachlässigt wurden.
Die psychosozialen Nachwirkungen werden uns noch lange beschäftigen. Man muss nur mal hinhören, was Menschen sagen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten. Umso wichtiger wäre eigentlich der Ausbau von Angeboten der Kinder- und Jugendarbeit, Demokratiebildung und inklusiven kulturellen Angeboten für eine funktionierende Stadtgesellschaft.
Dass nun aber genau solche Akteur:innen, die sich dafür engagieren, allen Kindern und Jugendlichen Entwicklungsräume und Perspektiven zu eröffnen, durch die Kürzungen vor dem Aus stehen oder ihr Angebot stark einschränken müssen, ist vor diesem Hintergrund nur umso bitterer.
Ganz davon zu schweigen, wie respektlos mit den Mitarbeitenden – angestellten wie freien – umgegangen wird, die sich nun auch auf persönlicher Ebene mit dem Verlust ihrer Arbeitsplätze oder Aufträge im kommenden Jahr konfrontiert sehen.
Absage an Inklusion, Diversität und kulturelle Teilhabe
Bedroht sind nicht nur Angebote der Kinder- und Jugendarbeit, sondern zudem etliche Kulturinstitutionen, die sich mit Tanz, Theater, kreativen Vermittlungs- und Ferienprogrammen – trotz schon lange bestehender Finanz- und Personalnot – darum verdient machen, integrativ und horizonterweiternd zu wirken.
In der freien Jugendarbeit, außerschulischen Bildung und Jugendsozialarbeit sollen mehr als zwölf Prozent eingespart werden, dazu kommt, dass die Träger keinen Ausgleich mehr für die Tarifsteigerungen erhalten, was etwa weitere zehn Prozent Budgetkürzung bedeutet.
Dass auch im Bildungssystem einiges im Argen liegt und dort eher kräftig investiert als weiter gespart werden müsste, sollte eigentlich hinlänglich bekannt sein.
Als Eltern wagt man sich angesichts der noch drastischeren Einschnitte im Sozial- und Kulturbereich und der zahlreichen Mängel in den maroden Schulen Berlins kaum darüber zu beschweren, dass Klassen- und Kursfahrten nur noch stattfinden können, wenn Lehrkräfte diese Reisen auf eigene Kosten begleiten.
Und doch ist dies für sich schon skandalös. Abgesehen davon, was es für den sozialen Zusammenhalt in den Schüler:innengruppen bedeutet, ist es respektlos den engagierten Pädagog:innen gegenüber.
An falscher Stelle zu sparen, verursacht mehr Kosten
Drei Milliarden Euro Finanzierungslücke will die schwarz-rote Koalition im Haushalt 2025 schließen, das ist sicherlich kein Pappenstiel und man möchte nicht gerne in der Haut derer stecken, die über die Kürzungen zu entscheiden haben. Klar ist auch, dass alle Bereiche daran mitwirken müssen, den Haushalt zu konsolidieren.
Dass aber an der heiligen Kuh Individualverkehr nicht gerüttelt wird und das Anwohner:innenparken entgegen ursprünglicher Planungen weiterhin bei 20,40 Euro für zwei Jahre und damit mit Abstand am günstigsten im innerdeutschen Vergleich bleibt und dabei nichtmal kostendeckend ist, während das 29 Euro-Ticket wegfällt und das Sozialticket teurer wird, ist schwer nachzuvollziehen.
Plumpe, pauschale Politiker:innenschelte ist nicht unser Anliegen. Man darf und muss aber die Prioritätensetzung dieser Entscheidungen hinterfragen. Die genannten chronisch unterfinanzierten Bereiche überproportional mit Kürzungen zu belasten, ist mehr als kurzsichtig und – wir müssen es so deutlich sagen – kinderfeindlich.
Berlin ist (Kinder)kultur!
Wir als HIMBEER Verlag stellen uns hinter die #unkürzbar-Forderungen der Kulturschaffenden und Akteur:innen der Kinder- und Jugendarbeit. Wir sind diesen sehr dankbar, wie sie es während und nach der Pandemie geschafft haben, kreative Programme und Hilfeangebote aufrecht zu erhalten, neu zu initiieren und wie sie sich kontinuierlich dafür einsetzen, alle Heranwachsenden zu erreichen und einzubinden.
Heute an Kindern und Jugendlichen zu sparen, wird sich teuer rächen. Ohne seine diverse Kulturlandschaft wird Berlin um einiges ärmer.
Das Abgeordnetenhaus tritt vor der Weihnachtspause noch zweimal zu Plenarsitzungen zusammen, am 05.12. und am 19.12.2024. Die Koalition möchte den Haushalt mitsamt der Kürzungen noch in diesem Jahr verabschieden.
Informiert und engagiert euch jetzt
Die Zeit wird also knapp – wendet euch an eure Abgeordneten, Bürgermeister Kai Wegener, Finanzsenator Stefan Evers und Kultursenator Joe Chialo (CDU), der nach der #unkürzbar-Demonstration vor dem Abgeordnetenhaus am Montag, 25.11.2024, im Kultusausschuss verlauten ließ, es sei noch nichts endgültig beschlossen.
Zur Petition „Berliner Kultur in der Haushaltskrise schützen“ auf WeAct
Zur Aktionsplattform „Berlin ist Kultur“