Im Wal, um den Wal und um den Wal herum

Kinder und Familien erwartet ab dem 13. April auf der IGA eine Vielfalt an Spiel- und Umweltbildungsangeboten, die im Zusammenarbeit mit der Grünen Liga Berlin und Grün Berlin entstanden sind. Die Landschaftsarchitektin Kristina Hack hat sich für die Konzeption der Spiellandschaften literarisch inspirieren lassen ...

Was haben der weltweit bekannte Kinderbuchautor Erich Kästner und die Spielplätze auf der IGA 2017 gemein? Viel kindliche Fantasie und die Liebe zu den Geheimnissen der Südsee ganz bestimmt! Bereits 1929, im Vorwort zu „Emil und die Detektive“, erwähnte Kästner, dass er eigentlich einen Roman über die Südsee habe schreiben wollen, aber leider nicht mehr gewusst habe, auf wie vielen Beinen ein Wal sch aus dem Urwald komme. „Mein Südseeroman – und ich hatte mich so darauf gefreut! – scheiterte also sozusagen an den Beinen des Walfisches.“ Einige Jahre später erschien er dann doch: „Der 35. Mai oder Konrad reitet in die Südsee“.

Einen Aufsatz über die Südsee schreiben? Dem neunjährigen Konrad fällt dazu absolut nichts ein. Zum Glück treffen er und sein herrlich verrückter Onkel Ringelhuth das rollschuhlaufende Zirkuspferd Negro Kaballo und machen sich gemeinsam auf die Reise durch den Wandschrank zur Südsee. Nach dem Motto: Kinder raus aus der Bude, rein in die Welt! So wie Erich Kästner einer der ganz großen Helden auf dem Gebiet der Kinderliteratur ist, sind Kristina Hack und Christof Geskes mit Sicherheit die neuen Helden der Spielplatzplaner, die in Kästners Geschichten eine nie versiegen wollende Inspirationsquelle gefunden haben.

Seit über 20 Jahren entwerfen die beiden Landschaftsarchitekten Spielplätze in ganz Deutschland, vornehmlich im Rahmen von Gartenschauen. Selbst Eltern von zwei Söhnen und zwei Töchtern konnten Hack und Geskes die Berliner Spielplätze jahrelang hautnah erleben und dabei ihre ganz persönlichen Ambitionen auf diesem Gebiet entwickeln. „Wir versuchen immer, für die Spielplätze ein ganz besonderes Thema zu finden. Und dann schauen wir nach Motiven, Atmosphären und Stimmungen, die die vorhandene Landschaft uns vorgibt, und wollen diese dann in die individuell hergestellten Spielgeräte transportieren.“

In den Marzahner „Gärten der Welt“ gab es bereits einen balinesischen, einen japanischen und einen chinesischen Garten – also war schnell klar, dass es auch einen Garten für Kinder geben sollte, der sie in eine exotische Welt entführt. Ab April können kleine Entdecker die Probe aufs Exempel machen, denn dann eröffnet in Marzahn-Hellersdorf die IGA 2017. Bei Kindern wird Kästners schwarzer Zirkushengst Negro Kaballo viel Eindruck hinterlassen, denn überall, wo er auftaucht, sind traumhafte Spiellandschaften nicht weit.

Ungeachtet der Anzahl jedweder Beine ist Kästners Wal sogar zum Herzstück des Wasserspielplatzes „Konrad in der Südsee“ geworden, der seinem Namen alle Ehre macht: „Alles sprudelt, alles ist voller Wasser. Zum einen gibt es eine Düse aus dem Walkopf heraus, da können Kinder sich gegenseitig eine Wasserschlacht liefern. Dann haben wir einen großen Wasserwald mit vielen Pumpen und ein Splash- pad, wo aus unterschiedlichen Düsen Wasser rauskommt – eine Art Plantsche für kleinere Kinder. Wasser kann auch überall in Sandflächen angestaut werden.“ Diese Rechnung geht sicher auf: Wasser plus Sand gleich Matschepampe und glückliche Kinder! Der Mega-Wal bietet zudem noch ein geheimnisvolles Innenleben, samt Herzklappen und unzähligen lila-roten Darmzotten.

„Ein Aspekt, der uns auch immer am Herzen liegt: Wir arbeiten mit ästhetisch anspruchsvoll gebauten Objekten. Letztlich sind Spielplätze gebaute Umwelt, wie ein Haus, wo man ja auch großen Wert auf Ästhetik legt. Dann kann man doch genauso bei Spiel- plätzen Gestaltung in den Vordergrund rücken.“

Der zweite und naturnahe Waldspielplatz „Konrad und die polynesischen Riesenameisen“ bildet das Gegenstück zur dritten, futuristisch-technoid gestalteten Spiellandschaft „Elektropolis“: „Und das passt natürlich hervorragend, weil wir hier die Stadtkulisse haben, die Erich Kästner damals schon vorausgesehen hat. Diese moderne Stadt, wo die Menschen ‚Manteltaschentelefone‘ tragen, 1932 wohlgemerkt!“ Für eine etwa acht Meter hohe Kletterkonstruktion haben vor allem Jugendliche in Workshops ihre Ideen mit ein ießen lassen.

Und so lädt „Elektropolis“ mit vielen Hängematten besonders zum Chillen ein, die Eingänge sind für Kleinkinder unerreichbar hoch angelegt – sprich: kleine Geschwister bitte draußen bleiben! Nach der IGA wird dieser Spielplatz den Berlinern erhalten bleiben, also eine nachhaltige Bereicherung sein! Im Vergleich zu anderen europäischen Großstädten hat Berlin zwar tatsächlich eine Vorbildfunktion in Sachen Spielplätze.

Dennoch gibt es noch genügend uninspirierte „Rutsche-Schaukel“-Anlagen und eben niemals ausreichend Platz für Kinder. Ideen für deren fantasievolle Gestaltung hätten Kristina Hack und Christof Geskes in jedem Fall. Vielleicht könnten sie einige davon, unabhängig von der IGA, noch in Berlin verwirklichen? Das wäre wünschenswert! Und wichtig! Ganz nach dem Kästner-Motto: Kinder raus aus der Bude!

Text: Ilka Lorenzen, Foto: Sibylle Baier

13. April-15. Oktober 2017, www.iga-berlin-2017.de

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