Bodyshaping und Babytreff, modernes Beckenbodentraining und neue Begegnungen, Beziehungsstress und bewusste Entscheidungen – ein Gespräch mit Glücksmama-Gründerin Kristina Basiner.
Hier fühlt man sich sofort willkommen und gut aufgehoben – köstlicher Waffelgeruch und fröhliches Stimmengewirr empfangen uns in den hellen, schön gestalteten Räumen des Glücksmama-Studios. Gerade geht ein Kindertanzkurs zu Ende, nahezu gleich viele Mütter wie Väter stehen zum Abholen bereit und da kommt uns auch schon Kristina entgegen.
2010 gründete sie Glücksmama, zunächst als Kursangebot, mit dem sie sich an verschiedenen Orten in der ganzen Stadt einmietete. Zu diesem Zeitpunkt war sie selbst noch kinderlos, aber so frustriert von der Fremdbestimmung in ihrer Arbeit als Schauspielerin, dass es nur einen kleinen Impuls brauchte, um sich mit Schwangerschafts- und Mama-Baby-Kursen selbständig zu machen.
Ihr Sport- und Schauspielstudium hatte sie schon als Fitnesstrainerin und Babysitterin finanziert und dann ging es, wie sie sagt, „Knall auf Fall – im Dezember habe ich gegründet, im Mai die ersten Kurse gegeben.“
2014 wurde sie selbst zum ersten Mal Mutter und obwohl sie sich schon vorher viel mit der Situation und den Bedürfnissen Schwangerer und von Frauen, die gerade geboren haben, auseinandergesetzt hatte, kann sie sich seitdem noch viel besser einfühlen.
„Wenn du dann selbst ein Kind hast, 24/7, das ist doch nochmal was ganz anderes.“
Sie schätzt die Atmosphäre unter den Frauen in den Kursen, die sich alle in dieser besonderen Lebenssituation befinden. Mutter zu werden verändere schließlich weit mehr als den Körper, besonders, wenn man schon viele Jahre ein selbstbestimmtes Leben geführt hat.
Das Durchschnittsalter bei der Geburt des ersten Kindes lag 2020 in Berlin bei 31 Jahren und so beobachtet auch Kristina, dass etlichen Frauen die Umstellung auf das Leben mit Baby nicht ganz so leicht fällt. Umso wichtiger sei der Austausch mit anderen und sich selbst etwas Gutes zu tun. Die meisten Frauen in Kristinas Kursen haben sich bewusst gegen Yoga entschieden, sie möchten beim Sport richtig schwitzen.
Doch viele sind unsicher, was sie während und nach der Schwangerschaft machen dürfen, sollen, wollen. In sich selbst reinzuhören, rät Kristina, der Körper gäbe eigentlich ganz klare Signale.
Bei manchen Sportarten sei es sicher sinnvoll, damit in der Schwangerschaft aufzuhören, beispielsweise bei Ballsportarten, wo das Risiko, dass der Bauch getroffen wird, hoch ist. Aber rein vom körperlichen Leistungsvermögen müsste es bei einer normal verlaufenden Schwangerschaft nicht sein.
„Man muss sich nicht in Watte packen.“
Wenn der Bauch dann hart wird oder zieht, sei das ein Zeichen, dass es zuviel wird. Kristina erlebt, dass sich manche Frauen, vor allem nach der Geburt, viel zu sehr unter Druck setzen. Ihr ist ein Anliegen, ihnen das Gefühl zu vermitteln, dass es einfach seine Zeit braucht. Immerhin hat man gerade einen kleinen Menschen auf die Welt gebracht, eine unglaubliche Leistung!
Die Mär vom perfekten After-Baby-Body setze Frauen unter Stress. Die körperlichen Veränderungen haben Kristina selbst überrascht, sie erzählt in den Kursen offen von ihren eigenen Erfahrungen. Ihr passierte es noch etliche Monate nach der Geburt ihres Kindes, dass beim Baden oder Schwimmen Wasser in die geweitete Vagina eingesogen wurde, das dann Stunden später schwallartig wieder herauskam.
„Ich wusste vorher nicht, dass sowas passieren kann. Das hat mir niemand erzählt.“
Je transparenter wir alle über vermeintliche Tabus reden, desto besser vorbereitet sind und vor allem weniger alleine fühlen sich Frauen, wenn nicht alles so easy-peasy läuft, wenn der eigene Körper oder die eigene Gefühlswelt nicht so mitspielt, wie einem Happy-Family-Bilder in Medien und Social Media vermitteln.
Auch darum sind Orte wie Glücksmama wichtig, um in den ehrlichen Austausch zu kommen. Kristina erzählt von einer Mama, die sich aufgrund des Studionamens beinahe nicht angemeldet hätte, da sie sich alles andere als glücklich in ihrer neuen Lebenssituation mit Baby fühlte. Im Kurs aber traf sie dann auf eine andere Frau in ähnlicher Gefühlslage, was ihr half, sich damit auseinanderzusetzen.
„Stille Erwartungen sind Gift für die Beziehung.“
Kristina beobachtet, dass sich aus den Kursen Freundschaften, oft langjährige, entwickeln. Was auch wichtig sei, da es in vielen Beziehungen im ersten Jahr nach der Geburt durchaus krisele. Auch da gelte es, offen zu reden, mit den neuen Freundinnen in vergleichbarer Lebenslage, aber vor allem auch mit den jeweiligen Partner:innen.
Einfach nur zu erwarten, der oder die andere müsse doch sehen, was los ist, was man brauche, sich wünsche, funktioniere nur in den seltensten Fällen. Doch die Ausnahmesituation mit Baby birgt auch Chancen, sich und seine Bedürfnisse besser kennenzulernen und zu artikulieren. Apropos sich selbst besser kennenlernen – ein Thema liegt Kristina besonders am Herzen:
„Ich kann nur jeder Frau empfehlen, begleitend zur Rückbildung eine Beckenboden-Physiotherapie zu machen.“
In Frankreich sei es schon lange Rückbildungs-Standard, dass speziell ausgebildete Physiotherapeut:innen den Beckenboden tasten, im Ultraschall ansehen, wie er sich verhält und gezielt ein individuelles Training erarbeiten. Dieses Angebot möchte Kristina zukünftig auch bei Glücksmama etablieren.
Auch Nicht-Berliner:innen können von Kristinas Elan und Kompetenz profitieren, es gibt ein umfangreiches Online-Programm und sogar einen GLÜCKSMAMA Podcast.
GLÜCKSMAMA Studio, Döringstr. 2, 10245 Berlin-Friedrichshain, gluecksmama.de
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