Mit drei Kindern in den Dschungel von Sumatra. Abenteuer-Urlaub mit Kindern? Na klar! Für Sonja Alefi ist das gar keine Frage. Inzwischen haben sie und ihre drei Kinder schon viele spannende Dinge rund um die Welt erlebt. HIMBEER erzählt sie von ihrer Familien-Reise nach Sumatra und gibt wertvolle Tipps für alle, die das Abenteuer ganz genauso reizt.
Ich war schon immer eine mutige Reisende. „No risk. No fun“ – das gilt für Reisen gleich doppelt, wie ich finde. Dagegen war unsere Reise nach Sumatra eigentlich ein Kinderspiel. Alles organisiert, geplant und gebucht, bevor wir überhaupt in den Flieger gestiegen sind. Trotzdem wurde mir angst und bange. Denn es ist eine Sache, für sich selbst zu entscheiden: Das Risiko ist mir das Abenteuer jetzt wert; und eine ganz andere, diese Verantwortung für drei kleine Personen zu übernehmen.
Aber nach Jahren des Stillens, der Windelberge und der österreichischen Kinderbauernhöfe (nicht, dass ihr mich falsch versteht – wir sind bekennende Bauernhof-Fans!) hatte mich das Fernweh fest im Griff. Die große weite Welt musste es mal wieder sein. Die Jüngste ist vier Jahre alt, die beiden Größeren fünf und acht Jahre. Ich hatte das Gefühl: Wir sind jetzt bereit. Und bereut habe ich es keine Sekunde. Denn unsere Reise in den Dschungel beschert uns immer mal wieder verträumte Erinnerungen im durchgetakteten Alltag zu fünft.
Gefahren im Sumatra-Dschungel – geht das überhaupt mit Kindern?
Die Hauptgefahr beim Reisen in tropische Gefilde ist winzig klein: Moskitos. Diese mistigen kleinen Viecher machen einem nicht nur das Leben schwer, sondern bringen auch allerlei gefährliche Krankheiten mit sich. Das sind auf Sumatra vor allem Dengue-Fieber und Malaria.
Dengue-Fieber ist in ganz Asien verbreitet – allerdings auch in Metropolen wie Bangkok oder Singapur, und es gibt keine Impfung oder Prophylaxe. Da hilft nur Einsprühen und cool bleiben. Malaria hingegen ist sehr unterschiedlich verbreitet in den Regionen. In Bukit Lawang wurden in den letzten Jahren keine Malaria-Fälle gemeldet – wir hatten daher keine Medikamente dabei.
Trotzdem bleibt natürlich ein Risiko – das will ich nicht verschweigen. Drei Mal am Tag haben wir auf jeden Fall uns und unsere Kleidung mit „Nobite“ eingenebelt, das sehr wirksam und schon für Schwangere und Kleinkinder zugelassen ist.
Und wie ist es mit den anderen Gefahren?
Wilde Tiere, giftige Pflanzen, größere Insekten oder sogar verloren gehen im Dschungel? Klar, der Dschungel ist nicht der Münchner Marienplatz. Aber die Sicherheitslage in Bukit Lawang ist gut und die Menschen dort haben allen Grund, gut auf ihre Touristen zu achten. Schließlich leben sie vom Tourismus.
Die hervorragenden Tripadvisor-Bewertungen und die Professionalität gaben mir ein sicheres Gefühl bei der Buchung vorab mit Sumatra Ecotravel (persönliche Empfehlung, keine Werbung). Aus meiner Sicht ist das auch mit Kindern das A und O bei einer solchen Reise: vorab einen verantwortungsvollen Anbieter zu wählen (und nicht unbedingt den billigsten). Aus Sicherheitsgründen und auch im Namen der dortigen Umwelt.
Der Weg in den Sumatra-Dschungel – holter-di-polter! Aber wie!
Bukit Lawang, das Tor zum Gunung-Leuser-Nationalpark, ist „the place to be“ wenn ihr Orang-Utans angucken wollt. Um ins grüne Paradies zu gelangen, müsst ihr aber erst mal nach Medan. Medan ist … furchtbar. Ich entschuldige mich hiermit bei allen Medanern, aber anders kann ich das leider nicht ausdrücken. Der Smog und der Verkehr sind im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubend. Von hier aus beginnt allerdings das Dschungel-Abenteuer.
Ich kann euch nur raten: Sucht euch einen Anbieter, der euch abholt. Selbst fahren – niemals. Die Strecke ist eigentlich nicht weit, drei bis vier Stunden müsst ihr aber einplanen. Erst geht es durch den wahnsinnigen Verkehr Medans und dann über unbefestigte Schotterwege.
Unsere Kinder hatten sich da lieber aufs Fluchtschlafen verlegt. Und wir Großen sind aus dem Staunen gar nicht mehr rausgekommen: Schulbusse, an denen Trauben von Kindern hängen, überholten uns in waghalsigen Manövern. Und dazwischen kleine Schulmädchen mit Kopftuch, die total cool auf Mopeds von Schlagloch zu Schlagloch schlingern. Wir sind 1000 Tode gestorben. Die Schulkids fanden es lustig und winkten uns zu …
Auf dem Weg begegneten uns Affen, Hunde und Katzen
Als wir dann ziemlich verschwitzt, dreckig und durchgeschüttelt in Bukit Lawang ankamen, sind unsere Töchter natürlich in absolute Begeisterungsstürme ausgebrochen, als klar war: Wir steigen jetzt nicht aus und betreten ein klimatisiertes Hotel. Jetzt wird erst noch gelaufen.
Denn wer in Bukit Lawang wohnen möchte, muss noch mal 15 Minuten zu Fuß gehen. Unsere netten Begleiter haben unsere Koffer und Rucksäcke geschleppt – ich habe mich für jedes Extra-Paar Schuhe geschämt. Wir haben die maulenden Kinder hinter uns hergezogen. Die Augen der Kids wurden jedoch immer größer, als wir bereits auf dem Weg frechen Affen, neugierigen Hunden und den berühmten Sumatra-Katzen ohne Schwanz begegneten. Und dann standen wir auch schon davor: Vor dem Paradieschen im Paradies.
Das Mini-Dschungel-Bed & Breakfast ist wunderbar. Geschmackvolle, große und saubere Zimmer, die es mit so mancher Luxuslodge aufnehmen könnten. Direkt am Fluss, in dem man auch baden kann. Ein kleiner schattiger Garten, Liegestühle und Hängematten vor den Zimmern. Wir lernten zudem gleich die super freundlichen Katzen Muckl, Miezi und Mikesch kennen.
Bei den Orang-Utans im Wohnzimmer
Unser erstes Orang-Utan-Weibchen sahen wir schon nach wenigen Minuten. Es saß mit ihrem Baby am Boden. Da aber außer uns noch ein paar mehr Dschungel-Touristen drum herum standen, kam bei mir kein Angstgefühl sondern eher ein Zoo-Feeling auf. Auch nicht als Kembar von Sumatra-Ecotravel sofort meine Jüngste auf den Arm nahm und uns permanent ermahnte: „Stay back!“ Kembar schien außer sich und fuchtelte wie wild. Ich dachte mir noch: „Na toll! Wir haben den ängstlichsten Dschungelführer, den man nur finden konnte. Kein anderer Guide warnt hier irgendjemanden.“
In diesem Moment machte jedoch der Affe ein paar Sprünge auf uns zu. Alle stolperten und fielen rückwärts. Zum Glück lotste Kembar uns ganz schnell aus dem Chaos raus. Das Herz schlug mir jetzt bis zum Hals, als wir uns ein paar Meter weiter erst mal niederließen. Kembar erklärte uns: „Wenn ein Affe am Boden sitzt, ist das nicht gut! Sie kommen nur runter, weil sie von den anderen Guides angefüttert werden. Das macht sie aggressiv und sie fordern immer mehr. Mit den Kids können wir kein Risiko eingehen!“ Danach wurden meine Gedanken demütiger, was Kembar und seine Art, uns durch den Dschungel zu führen, betraf.
Die schwüle Hitze und die Aufregung sorgten dafür, dass nur Mamas und Papas Hand akzeptiert wurde. Trotzdem haben wir ganz viele Affen gesehen. Im Laufe des Tages ging einer der Begleiter vor und informierte Kembar per Handy über die Orte, an denen wir die Affen in Ruhe beobachten konnten. „Hightech meets jungle“ sozusagen.
Und so anstrengend das für die Kinder auch war – sie werden das sicher nie vergessen. Mit offenen Mündern sahen sie den Affen beim Klettern zu. Ohne einen Mucks. Minutenlang. Und Kembar flüsterte uns derweil leise Wissenswertes zu den Orang-Utans ins Ohr. Das sind magische Momente, die uns keiner mehr nehmen kann.
Unsere beeindruckende Begegnung mit Elefanten
Kembar war im Übrigen wunderbar mit unseren Kindern. Er und seine Begleiter bastelten aus Farnen Dschungelkronen und unsere Kids durften sich und ihn mit verschiedenfarbigen Steinen aus dem Fluss eine Dschungel-Tarnung ins Gesicht malen. Und zum Schluss ging es auf einem Autoreifen den Fluss hinunter wieder zurück zum Hotel.
Am nächsten Tag statteten wir den Elefanten in Tangakhan einen Besuch ab. Die Anreise ist ein bisschen beschwerlich – DA werdet ihr richtig durchgerüttelt – aber es lohnt sich. Wir hatten vorher lange überlegt, ob wir diesen Ausflug unternehmen sollen. Elefantenreiten hat zurecht einen schlechten Ruf, weil die intelligenten Tiere oft „gefügig gequält“ werden.
Dieses kleine NGO-Projekt scheint jedoch anders zu sein. Die „Patrol-Elefants“ sollen nicht nur Touristen glücklich machen, sondern auch ihre wilden Artgenossen vor Übergriffen der Bevölkerung schützen. Zudem bringt das Projekt durch den Elefanten-Tourismus Geld in diese Region. Ich hatte vor Ort zumindest das Gefühl, die Pfleger würden respektvoll mit den grauen Riesen umgehen. Wir durften die Elefanten waschen, die scheinbar genussvoll die Augen schlossen und nebenbei nach den Bananen angelten, die wir ihnen anreichten. Als Dank gab es am Schluss noch Elefantenbussis und eine Privat-Dusche aus dem Rüssel …
Unser Fazit
Tut es! Nicht nur, dass ihr euch und den Kindern ein einmaliges Erlebnis beschert, ihr lernt auch so viel über die grüne Lunge der Erde. Es ist sehr traurig, aber Palmöl und Gummibaum-Plantagen und Umweltverschmutzung lassen dieses kleine Paradies immer weiter schrumpfen.
Einige Experten kommen sogar zu dem Schluss, dass die Orang-Utans trotz aller Bemühungen in zehn bis 20 Jahren ausgestorben sein werden. Wir sind mit unserem Konsum von Palmöl und Gummi einer der Treiber dieser Entwicklung. Mir hat es auf jeden Fall geholfen, diesen Ort und die Tiere mal selbst gesehen zu haben, um wirklich zu verstehen, wie wichtig der Schutz dieses Lebensraumes ist.
Mein Tipp: Sumatra-Ecotravel
Sumatra-Ecotravel ist auf jeden Fall anders als viele Anbieter vor Ort. Kembar und sein Team gehen sehr achtsam mit dem Dschungel und seinen Bewohnern um. Kembar liebt seinen Dschungel. Selbst Obstschalen nimmt er wieder mit – die gespritzte Schale könnte den Tieren im Dschungel schaden.
Text und Fotos: Sonja Alefi
Sonja ist Gründerin der Seite www.littletravelsociety.de, einer handverlesenen Sammlung von familienfreundlichen Boutique Hotels, Familienhotels und Ferienhäusern mit Stil. Sie ist eine echte Familienreiseexpertin und gibt in ihrem Blog Tipps rund ums Thema Reisen mit Kind. Denn Sonja ist schon immer viel gereist – in Bangladesch, Barcelona und Mexiko hat sie sogar eine Zeit lang gelebt. Sie ist verheiratet „mit einer afghanischen Großfamilie“ und lebt mit Mann und drei Töchtern in München.