Welchen Einfluss hat und hatte Politik auf die Kunst? Wie hat sie sich unter diesen entwickelt? Diesen Fragen geht das HKW auf die Spur. Das Deutsche Historische Museum reist in die Zeit, in der es noch keine Fotografie gab. Wie sah damals die Bildpresse aus? Welche Bilder dominierten den Journalismus? Und im Bode-Museum sind ab sofort 80 Hauptwerke der afrikanischen Skulptur aus dem mittlerweile geschlossenen Ethnologischen Museum zu Gast. Hier kommen unsere Ausstellungstipps im November!
Haus der Kulturen der Welt
Parapolitik: Kulturelle Freiheit und Kalter Krieg
Am letzte Donnerstag startete im Haus der Kulturen der Welt die Ausstellung Parapolitik: Kulturelle Freiheit und Kalter Krieg. Was viele nicht wussten: Während des Kalten Krieges wurde ein Großteil verschiedener kultureller Aktivitäten, wie z.B. Printmedien, unter der Hand von der CIA finanziert. Doch das soll gar nicht der Mittelpunkt der Ausstellung sein. Das Augenmerk liegt eher auf der Geschichte der Kunst und ihrer individuellen Entwicklung während dieser Zeit und hinein in die heutige moderne Kunst. Es geht auch darum, wie sie durch die Machtkämpfe zu Zeiten des Kalten Krieges geprägt wurde. Viele der ausgestellten Werke verdeutlichen, wie stark die Künstler unter Druck gesetzt wurden, einige setzen sich auf ironische Darstellungsweise mit diesen Konflikten auseinander. Zu sehen ist abstrakte Kunst, aber auch Werke von Künstlern, die sich offensichtlich mit den Themen Widerstand und Unterdrückung beschäftigten. Und das nicht nur in Form von Malerei, sondern auch in Film und Ton. Außerdem ist ein wichtiger Bestandteil der Ausstellung die Geschichte des Kongresses für kulturelle Freiheit. Hierzu werden Archivmaterialien, also zum Beispiel Original-Filmaufnahmen, und Zeitschriften der damaligen Mitglieder des Kongresses, wie „Der Monat“, gezeigt.
Neben der Ausstellung, die eher für die Erwachsenen gedacht ist, gibt es ein umfangreiches Kinderprogramm in Form von tollen Workshops. Diese finden an Wochenenden statt. Die Workshops reichen vom praktischen Anwenden verschiedener Maltechniken, bis hin zu visuellem Erfassen von Architektur. Den Kindern soll zum einen die Geschichte Berlins näher gebracht werden, und zum anderen sollen sie ihrer Kreativität freien Lauf lassen können. Bei einem der Workshops ist eine Comiczeichnerin zu Besuch und jeder kann seinen ganz persönlichen Superhelden entwerfen.
Die gesamte Ausstellung umfasst das Foyer des HKW und weitere zwei Ausstellungsräume, die liebevoll gestaltet wurden. Die Ausstellung bietet einen tiefen und intensiven Einblick in das komplexe Thema der Einflüsse auf die Kunst und ihre Entwicklung, das Begleitprogramm macht es für alle zugänglich! Eine definitive Empfehlung!
03.11.17 bis 08.01.18., Haus der Kulturen der Welt, John-Foster-Dulles-Allee 10, 10557 Berlin, täglich außer Dienstag 11:00 bis 19:00, 7 Euro, ermäßigt 5 Euro, www.hkw.de
Deutsches Historisches Museum
Gier nach neuen Bildern – Flugblatt, Bilderbogen, Comicstrip
Wenn der Guckkasten in die Stadt kam, konnten alle Kinder und Erwachsene sensationelle Neuigkeiten erfahren. Es wurden spannende Geschichten von Gaunern und Helden erzählt, der Bänkelsänger sang dazu, Bilderbögen und Flugblätter wurden verteilt. So kam die weite Welt in die Dörfer vor rund 500 Jahren. Ich bin schon mitten in der Sonderausstellung “Gier nach Bildern” im Deutschen Historischen Museum. Die Ausstellung beschäftigt sich mit der Bildpresse vor der Erfindung der Fotografie. Hierzu präsentiert sie drei Techniken der Bildproduktion: Flugblatt, Bilderbogen und Comicstrip. 180 Originalblätter aus der eigenen Sammlung werden in der kleinen, übersichtlichen Ausstellung gezeigt. Beim Abschreiten der Bilderbögen durch die Jahrhunderte kann man doch erstaunliche Parallelen zum gegenwärtigen Boulevardjournalismus feststellen. Es mangelte auch schon im 16. Jahrhundert nicht an der Neugier an “jämmerlichen”, erschröklichen”, “grewlichen” oder “abscheulichen” Taten. Da sind Flugblätter von Naturkatastrophen, Familientragödien die in Mord und Totschlag enden oder Neuigkeiten aus den Adelshäusern. Wer hat sich mit wem vermählt, welcher König ist gestorben, welche Prinzenkinder wurden geboren. Kaum war der Buchdruck erfunden wurde mittels Flugblättern die Sensationslust der breiten Bevölkerung befriedigt. Anfangs war es der Holzschnitt, der die Verbreitung der Blätter ermöglichte, später die Lithographie. Weil nur ein kleiner Teil der Bevölkerung lesen konnte, fungierten die Bilderbögen als wichtigstes Nachrichtenmedium. So waren sie Vorläufer von Pressefotografie und Fernsehbildern.
Ein weiterer wichtiger Aspekt des frühen Bildjournalismus ist die Bildsatire. Im Kampf um den “rechten” Glauben oder gegen Zensur und Unterdrückung wurde meist eine Käuferschicht mit speziellen politischen Interessen angesprochen. Besonders eindrucksvoll sind hier fünf Flugblätter, die Martin Luther und Lukas Cranach veröffentlichten. In derbster Bildsprache wird gegen den Papst gewettert. Die Ausstellung spannt aber auch den Bogen zu gegenwärtigen Satire-Titelbildern wie der “Titanic” und “Charlie Hebdo”. Schließlich bin ich bei den lehrreichen Bilderbögen für Familien angelangt. Hier stechen die Lausbubengeschichten von Max und Moritz hervor: Die Streiche der beiden Jungs als Keimzelle der Kunstform Comic. Die ursprünglich als “Münchener Bilderbogen” herausgegebenen Bildergeschichten von Wilhelm Busch wurden bis nach Amerika bekannt. Der aus Deutschland eingewanderte Zeichner Rudolph Dirks entwickelte daraus den ersten Comicstrip “The Katzenjammer Kids”, der als Sonntagsbeilage für das New York Journal erschien. Flugblatt, Bilderbogen, Comicstrip – Die Geschichte des Bildjournalismus ist in dieser Ausstellung kurzweilig und unterhaltsam präsentiert.
Im Familienprogramm des DHM können die Kinder die Welt der Bilder entdecken, frühe Comics und Karikaturen lesen und Bilder für einen selbstgebastelten Guckkasten kolorieren. Das Vermittlungsprogramm ist dem Veranstaltungskalender des DHM zu entnehmen.
29.09.2017 bis 08.04.2018, Deutsches Historisches Museum, Unter den Linden 2, 10117 Berlin, Montag bis Sonntag 10:00-18:00, bis 18 freier Eintritt, 8 Euro normal, www.dhm.de
Bode Museum
Unvergleichlich: Kunst aus Afrika im Bode-Museum
In das Bode-Museum sind Ende Oktober 80 Hauptwerke afrikanischer Skulptur aus dem mittlerweile geschlossenen Ethnologischen Museum eingezogen. Bis zur Eröffnung des Humboldt Forums in 2019 werden sie im direkten Dialog mit den Madonnen, Märtyrern und anderen Heiligenfiguren der Sammlung stehen. Werke, die einst gemeinsam in der Brandenburgisch-Preußischen Kunstkammer standen, wurden im 19. Jahrhundert verschiedenen Sammlungen zugeordnet. Damit begann ein bis heute andauernder Prozess des Vergleichens, Trennens und Zuordnens und viele Objekte aus Afrika wurden endgültig völkerkundliche Anschauungsobjekte.
Das Bode-Museum lädt zu dem Experiment ein, ethnologische Objekte und Kunstwerke des Mittelalters und der Renaissance wieder ebenbürtig nebeneinander zu betrachten. Es lohnt sich über zwei Stockwerke durch die heiligen Hallen der europäischen Kunstgeschichte zu wandeln und immer wieder von einem ungewöhnlichen Figurenpaar überrascht zu werden. Was für wunderbare Begegnungen gibt es da: Eine Kraftfigur aus dem Kongo trifft auf eine Schutzmantelmadonna. Beide aus Holz gefertigt, sie nobel und sanft, er mit Nägeln im Oberkörper und offensiver Haltung. Gar nicht zu vergleichen? Kraftfiguren im Kongo dienten dem Schutz von Dörfern und Gemeinden, ähnlich wie gotische Darstellungen der Maria mit dem Schutzmantel. Zweiundzwanzig solcher Gegenüberstellungen sind in der Ausstellung zu finden. In der Tat unterscheiden sie sich in Ausführung, Funktion und Kunstfertigkeit, aber allesamt rühren sie die großen Themen der Menschheit: Macht und Tod, Schönheit und Identität, Gerechtigkeit und Erinnerung.
Interessant sind auch die immer wiederkehrenden idealisierten Abbildungen von Mutter-Kind-Figuren, die in der afrikanischen Skulptur eine grundsätzlich andere formelle und sinnliche Sprache haben, als in den europäischen Objekten. Insgesamt eine sehr interessante Ausstellung, die uns staunen lässt, wie unterschiedlich Kulturen die großen Menschheitsthemen darzustellen wussten, wie fragwürdig Klassifizierungen sein können und eine Ausstellung, die uns schon jetzt einen kleinen Vorgeschmack auf das Humboldt Forum gibt, dem es hoffentlich gelingen wird, neue Präsentationsmaßstäbe zu setzen.
Jeden zweiten und vierten Samstag im Monat können Kinder von 6-12 Jahren im Workshop: “Erzähl mal!” die ausgestellten Objekte und ihre Geschichten erforschen, Zusammenhänge erfassen und neue Objektbeschriftungen entwickeln. Anmeldung erforderlich.
Ab 27.10.2017, Bode-Museum, Am Kupfergraben, 10117 Berlin, Dienstag bis Sonntag 10:00 bis 18:00, 12 Euro, ermäßigt 6 Euro, www.smb.museum
Text:
Bode Museum und DHM: Gabriele Boulanger
HKW: Alice Knabe
Bildnachweise:
© Veit Mette/HKW
Friedrich Wilhelm III., König von Preußen, und seine zweite Frau Auguste, Fürstin von Liegnitz, 1824/1826 © Deutsches Historisches Museum
Unvergleichlich: Kunst aus Afrika im Bode-Museum, Ausstellungsansicht, © Staatliche Museen zu Berlin / David von Becker