Es gibt eine Menge Menschen, die versuchen aus unseren verschwenderischen, ungesunden und umweltzerstörerischen Konsummustern auszubrechen. Aber aller Anfang ist schwer. Wo es sich machen lässt, ist in Sachen Ernährung: Wer regionale Landwirtschaftsbetriebe unterstützt, weiß woher sein Gemüse kommt, vermeidet lange Transportwege und hilft Kleinbauern, sich vor der Agrarindustrie zu behaupten.
Solidarische Landwirtschaft – schonmal gehört, klingt erstmal gut. Aber was ist das eigentlich? Gehört da allen der Bauernhof? Müssen alle auf dem Acker schuften? Teilt man jede Möhre? Zeit, sich das Konzept mal ein wenig näher anzuschauen. Dafür müssen wir gar nicht so weit blicken: Solidarisch gelandwirtschaftet wird schon gleich hinter den Toren von Berlin. In der Ost-Prignitz liegt der Waldgarten, ein Gemüsebauernhof, der seine Ernte nicht verkauft, sondern aufteilt. Dafür sucht er neue Unterstützer.
Das Konzept des Waldgarten
Manche Bauern haben kein Interesse, sich den Preisdiktaten des Marktes unterwerfen zu müssen. Darum wird bei ihnen solidarisch der Acker bestellt. Solidarische Landwirtschaft bedeutet, kurz gesagt, dass eine Gruppe von Konsumenten den landwirtschaftlichen Betrieb finanziell trägt.
Das tun sie, indem sie die Kostenc für Saatgut, Maschinen, Ernte, Lagerung, Transport und was noch alles anfällt, mit einem vorausgeleisteten Mitgliedsbeitrag decken. Der Bauer verliert damit sein Risiko und kann das tun, was er am besten kann: Rote Rüben aus dem Erdreich ziehen, saftige Tomaten im Gewächshaus züchten und die Kürbisse gegen die Zugvögel verteidigen – und bekommt nicht so viele graue Haare.
Vorteile der Konsumenten
Aber auch die Konsumenten haben einiges davon: Sie bekommen das, was bei der Ernte zusammenkommt, und zwar solidarisch aufgeteilt unter allen Mitgliedern. Das ist je nach Betrieb Gemüse, aber auch mal Fleisch, Eier, Brot oder Saft. Die Produkte werden gesammelt in regelmäßigen Abständen an eine Abholstelle gebracht. Dabei werden natürlich auch mal krumme Möhren geliefert, die keine optischen Supermarkt-Standards erfüllen.
Und manchmal wird mehr, manchmal weniger geliefert – die Solawi geht mit ihrem Bauern durch die Jahreszeiten, Schlechtwetterperioden und durch Ungezieferplagen. Aber sie bewahren ihn vor dem Ruin, falls mal eine Ernte ausfällt. Darin liegt die Solidarität.
Werden wir konkret
Die Solawi Waldgarten eröffnet im Moment eine neue Abholstelle im Gemeinschaftsgarten Peace of Land im Blumenviertel des Prenzlauer Berg und sucht noch Menschen, die Interesse haben Woche für Woche frisches Gemüse ihres regionalen Bio-Betriebs auf den Tisch zu bekommen. Der durchschnittliche Beitrag, den Mitglieder tragen müssen, damit der Betrieb sich halten kann, liegt pro Monat bei 89 Euro – jetzt heißt es nachrechnen. Wie viel gibt man sonst dafür aus?
In der Regel liegt ein wöchentlicher Ernteanteil bei dem Volumen eines größeren Rucksacks, im Herbst zum Beispiel voll mit Bohnen, Kartoffeln, Tomaten, Salat, Rüben, Sanddorn und weiteren leckeren Überraschungen. Je nach Familiengröße macht das schon einige Mäuler satt. Und was es noch dazu gibt: Erfahrung, denn man besucht natürlich auch ein Mal im Jahr den Hof und hilft mal mit. Außerdem ein tolles Netzwerk von Leuten, denen gute Ernährung und ökologische Strukturen am Herzen liegen. Was bleibt: Das Risiko, dass der Regen die Ernte verwässert oder der Kartoffelkäfer kommt.
Das heißt: Ich bekomme nur, was es gibt. Im schlimmsten Falle also nichts – aber genau diese Überlegung ist es doch, die uns an die Wirklichkeit heranrückt. Es zeigt uns, dass ein Landwirt, der auf Pestizide verzichtet und einen fairen Preis für faire Arbeit bekommen möchte, auf dem freien Markt ein schweres Auskommen hat. Solidarische Landwirtschaft ist eine gute Möglichkeit, den Wunsch der einen mit der Wirklichkeit der anderen zusammenzuführen. Ein guter Anfang.
Wen das neugierig macht, der bekommt alle Infos auf der Website und findet sich am kommenden Samstag im – übrigens wunderschönen – Gemeinschaftsarten Peace of Land ein, wenn das Projekt vorgestellt und festgelegt wird, wie viel jedes Mitglied in den gemeinsamen Hut wirft.
24.03.2018, 17:00 Uhr, Peace of Land, Am Weingarten 14, 10407 Berlin, solawi-waldgarten.de