Die Vorstandsmitglieder der Elterninitiativkita Im Känguru stehen stellvertretend für aktuell 35 Kitas, die von Verdrängung bedroht sind. Mit der Viva la Kita!-Kampagne möchten sie auf diese Notlage aufmerksam machen und neue Räume finden.
Janina Müller, Sandra Arens, Anna Härlin, Anna Luszzakiewicz und Silvia Schober engagieren sich im Vorstand der Elterninitiativkita Im Känguru, die wie viele andere Kitas und soziale Einrichtungen der Gentrifizierung zum Opfer zu fallen droht. Daher haben sie die Kampagne „Viva la Kita!“ gestartet, mit der sich von Verdrängung bedrohte Kitas vernetzen und unterstützen können: vivalakita.de
Was brauchen Familien neben bezahlbarem Wohnraum am nötigsten?
Gute, wohnortnahe Kita- und Schulplätze stehen ganz oben auf der Wunschliste. Dass daran vor allem in den Innenstadtbezirken Mangel herrscht, ist wohlbekannt. Dass der Mietendruck immer weiter steigt, ebenfalls. Weniger bekannt: Soziale Einrichtungen wie Elterniniativkitas unterliegen dem ganz normalen Gewerbemietrecht, das bislang weder vor extremen Mieterhöhungen noch vor Nichtverlängerung der Mietverträge schützt.
Letzteres ist der Fall bei der EKT Im Känguru, die vor 18 Jahren in eine damals brachliegende Gewerbefläche in Prenzlauer Berg einzog und diese sowie den verwahrlosten Hinterhof mit viel Engagement in eine idyllische Oase verwandelten. Nun verlängert allerdings der Vermieter den Mietvertrag nicht weiter, sodass die Kita spätestens 2021 die Räume verlassen muss.
Kängurus auf Raumsuche
Der Vorstand geht mit der Situation offen um, auch die Eltern von Kindern, die im Herbst neu in die Kita aufgenommen wurden, wissen darum, dass der Fortbestand der Kita gefährdet ist. Gemeinsam mit den anderen Eltern der insgesamt 30 Kinder und dem Erzieherteam sind sie bereit, dafür zu kämpfen, den Kängurus ein neues Zuhause zu verschaffen. Mindestens 160 Quadratmeter Innenfläche und Zugang zu einer Außenfläche mit mindestens 180 Quadratmetern fordern die Auflagen der Kitastelle. Im Winskiez beheimatet, wäre es natürlich wünschenswert, wenn die Kita in der Nähe bleiben könnte.
Leider ist es nahezu utopisch, solche Räume in geeigneter Lage zu einer bezahlbaren Miete zu finden. Seitdem die Eltern um das Scheitern der Mietverhandlungen wissen, sind sie unermüdlich auf der Suche nach neuen Räumen, bisher erfolglos und leider sind die Känguru-Familien auch nicht die einzigen, die um ihre Kita bangen müssen. Beim Dachverband der Berliner Kinder-und Schülerläden (DaKS) häufen sich die Hilferufe.
„In den letzten fünf Jahren waren berlinweit 80 Elterninitiativkitas von Verdrängung bedroht.“ Babette Sperler, DaKS
Um selbst im Fall einer erfolgreichen Raumsuche nicht in ein paar Jahren wieder vor einer ähnlichen Situation zu stehen und dem Wohlwollen eines Vermieters ausgeliefert zu sein, überlegt der EKT Im Känguru e.V. auch, den Kauf passender Räume möglich zu machen. Für den Umzug, den Aus- und Umbau von Gewerbeflächen zu Kitaräumen können im Rahmen des Landesprogramm Kita-Ausbau Mittel zur Verfügung gestellt werden – was nur umso deutlicher macht, wie absurd es ist, dass bestehende Institutionen nicht besser geschützt werden. Vor dem Szenario, die Kita abwickeln zu müssen, graut es Anna, Sandra, Janina, Silvia und Anna. Diesen Gedanken möchten sie noch gar nicht zulassen.
Was von Eltern selbstverwaltete Kitas leisten
Das Prinzip ist schnell erklärt – der gemeinnützige aus Eltern bestehende Trägerverein, beziehungsweise dessen Vorstand, übernimmt die administrativen Aufgaben und schafft so in aller Regel einen besseren Betreuungsschlüssel und eine familiärere Atmosphäre als oft in staatlichen Einrichtungen möglich. Finanziert werden die Plätze je nach Anzahl, Alter und Betreuungsumfang der Kinder, allerdings erhalten EKTs aktuell nur 94 Prozent dieses Kostensatzes.
Dabei wird auf das Engagement der Eltern gesetzt, die in ihrer Freizeit dazu bereit sind, für eine Zeit als Vorstandsmitglied die Kita zu verwalten und so dringend benötigte Kitaplätze zu erhalten, die für die Stadt sogar günstiger in der Finanzierung sind. Für berufstätige Eltern wie die fünf Känguru-Vorstandsfrauen ist es unverzichtbar, ihre Kinder wohnortnah gut betreut zu wissen und sie halten das Ganze für ein politisches Thema.
Mitten in der Berliner Kitakrise sind Plätze gefährdet, die mit viel Engagement von Eltern geschaffen und verwaltet werden.
Die Zukunft kleiner Kitas nachhaltig sichern
Kitas, Schülerläden, Jugendzentren oder andere gemeinnützige Einrichtungen können bei den Mieten, die für Büro- und Geschäftsräume inzwischen verlangt werden, nicht mehr mithalten. Ein Mietendeckel, wie er für den privaten Wohnungsmarkt beschlossen wurde, ist ein guter Schritt, würde aber im Fall der Kängurus nicht vor einer Nichtverlängerung des Mietvertrags schützen. Soziale Einrichtungen dem freien Mietmarkt ausgeliefert zu lassen, ist sicherlich nicht im Sinne einer familienfreundlichen Stadtentwicklung.
Immerhin hat der Berliner Senat eine Bundesratsinitiative gestartet zur „Einführung einer Gewerbemietpreisbremse in angespannten Gewerberaummärkten“. Darüber hinaus sollte geprüft werden, wie Bezirke und Senat Einfluss auf Vermieter nehmen oder eigene Flächen zur Verfügung stellen können. Da ein solcher politischer Prozess langwierig ist, das Problem der Kängurus aber akut, freuen sie sich über jede Form der Unterstützung, am meisten über Hinweise auf passende Räume.
Hinweise auf leerstehende Gewerberäume bitte an: suche@vivalakita.de
Erzieher Jan Ebel im Video über die Geschichte und aktuelle Situation der EKT Im Känguru: VIVA LA KÄNGURU – Der Film